Die ausgehende frühe und die beginnende mittlere Bronzezeit in Troia. Archäologische Untersuchungen zu ausgewählten Fundkomplexen der Perioden Troia IV und Troia V

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/85932
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-859324
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-27321
Dokumentart: Buch
Erscheinungsdatum: 2019-01-29
Sprache: Deutsch
Fakultät: 5 Philosophische Fakultät
Fachbereich: Ur- und Frühgeschichte
DDC-Klassifikation: 930 - Alte Geschichte, Archäologie
Schlagworte: Vor- und Frühgeschichte , Archäologie , Bronzezeit , Troja , Türkei
Freie Schlagwörter:
archaeology
prehistory
Bronze Age
Turkey
Troy
ISBN: 9783805346139
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Trotz mannigfacher Innovationen insbesondere in den Sektoren Technologie und Produktion schloss der vierte Abschnitt der Besiedlung des Hisarlık Tepe/Troia ohne erkennbare Unterbrechung an die vorhergehende Periode Troia III an, in gleicher Weise ist Troia V – zumindest noch zu Beginn seiner kulturellen Entwicklung – als Fortführung von Troia IV zu betrachten. Ausgehend vom architektonischen Befund stellt sich Troia IV als eine in sich geschlossene, durch verschiedene schmale Straßen und Gassen systematisch gegliederte Siedlungsanlage mit zahlreichen, bisweilen zu größeren Einheiten zusammengefaßten Gebäudekomplexen dar (cf. Kapitel 2 u. 3). Wenngleich eine deutliche Neuorientierung zu konstatieren ist, unterschied sich die grundsätzliche Konzeption der vierten Ansiedlung im ganzen nur wenig von derjenigen der Periode Troia III, wobei die Konstruktion der Gebäude einem festen Grundschema gefolgt zu sein scheint: Über einem zwischen 50–70 cm breiten, nur wenige Lagen hohen Streifenfundament aus größeren plattigen Steinen errichtete man mit Hilfe grob bearbeiteter Bruchsteine oder ungebrannter Lehmsteine entsprechend breite Mauern und Wände, die in einer weiteren Stufe des Ausbaus mit einem dicken Verputz aus Lehmmörtel und zumindest auf der Rauminnenseite mit einem flächendeckenden Anstrich aus feinem Kalkmörtel versehen wurden. In dieser Weise entstanden vergleichsweise lange, aus bis zu vier separaten Bereichen mit je einem Haupt- und einem Vorraum bestehende Gebäude mit einer gemeinsamen trennenden Hauswand, auf der die Flachdächer aus Lehm von beiden Seiten her auflagen. Zu den markantesten Neuerungen der Periode Troia IV ist die Einführung des Kuppelofens zu zählen (Abb. 144). Diese konnten sich sowohl innerhalb wie außerhalb eines Gebäudes befinden und standen häufig links oder rechts des Eingangs. Mit der zumindest teilweisen Umstellung von einfachen offenen Herdstellen auf geschlossene Kuppelöfen war zwangsläufig eine neue Sitte der Nahrungszubereitung verbunden. Abgesehen davon, daß die bisher gebräuchlichen Kochgefäße mit Standfüßen zugunsten flachbodigen Kochgeschirrs nahezu vollständig abgeschafft wurden, fand die veränderte Art der Ernährung der Bewohner von Troia IV im archäozoologischen Befund ihren Niederschlag: wohl als unmittelbare Reaktion auf sich zunehmend verändernde Klima- und Umweltverhältnisse tauchen in den Siedlungsresten scheinbar unvermittelt vergleichsweise große Mengen an Wildtierknochen auf sowie mit einem auffällig hohen prozentualen Anteil Knochen des leicht zu haltenden Schweins; ansonsten bestimmten Schaf, Ziege, Rind und Meerestiere, darunter Muscheln, Fisch, Wasserschildkröten und gelegentlich auch Hummer, den täglichen Speiseplan. Die fünfte Periode der Besiedlung Troias begann mit umfassenden Neubauaktivitäten und einer Reorganisation des Siedlungsplans, wenngleich man die in Troia IV begonnene Tradition in der Art des Hausbaus unverkennbar fortsetzte; mit ihren relativ schmalen, nun überwiegend vollständig aus sorgfältig gefügten Kalkbruchsteinen errichteten Mauerzügen, vermitteln die bis zu 10 m langen, im Grundriss teils trapezförmig angelegten Gebäude von Troia V jedoch insgesamt den Eindruck eines zunehmenden technischen Fortschritts und wachsenden Wohlstands im Vergleich zur vorherigen Periode, wobei die Ausdehnung der Troia V-zeitlichen Ansiedlung in etwa derjenigen von Troia IV entsprochen haben dürfte; Hinweise auf eine zunehmende Monumentalisierung fanden sich indes keine. Als neue Elemente der Innenarchitektur kamen flache, entlang der Innenwände errichtete Bänke auf; Kuppelöfen fanden nach wie vor in fast allen Bauten Gebrauch, ohnehin scheint die Ernährung im wesentlichen derjenigen von Troia IV entsprochen zu haben. Wildtiere traten gegenüber Rind und Schwein jedoch deutlich in den Hintergrund, worin eine wiedergewonnene ökonomische und soziale Stabilität zum Ausdruck kommen mag. Auch bei der handwerklichen Produktion, und hier vor allem im Hinblick auf das Töpfereiwesen der beiden hier zur Diskussion stehenden Zeithorizonte, zeigen sich zu Anfang deutliche Anklänge an diejenige der vorausgehenden Periode Troia III. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, verwendeten die troianischen Keramikproduzenten zur Herstellung von Gefäßen lokale Tone, denen zur Herabsetzung des bindefähigen Anteils meist Quarz, Kalk, Alkalifeldspat, Quarzit und Glimmerschiefer, in Troia IV dann auch organische Zuschlagstoffe beigemengt wurden (cf. Kapitel 4). Von größeren Henkelkrügen, einem Teil der Kochtöpfe und flachen Backplatten abgesehen, wurde die Troia IV- und Troia V-zeitliche Gefäßkeramik auf der schnell rotierenden Töpferscheibe hergestellt. In der Regel wurden die Stücke hell oxidierend gebrannt, so daß insgesamt gesehen beige, braune und rötliche Farbtöne deutlich überwiegen. Als besonders charakteristisch für die troianische Keramik der Siedlungshorizonte IV und V ist dabei eine in mehreren Varianten auftretende, rotpolierte Warengattung zu betrachten, die sogenannte Red-coated ware (cf. Tab. 40). Zumeist zur Herstellung von allgemein als »Tafelgeschirr« anzusprechenden Gefäßtypen wie Schalen, Tellern, Kannen und Tassen verwendet, scheint man mit dem deckenden, bisweilen an poliertes Kupfer erinnernden metallisch glänzenden Überzug gezielt den Eindruck wertvoller Metallgefäße hervorgerufen haben zu wollen. Schnabelkannen mit unter dem Rand ansetzendem Henkel, Kannen mit abgesetztem schlanken Hals und hinten ausgeschnittener Randpartie und bauchige Krüge mit Flügelhenkeln und plastischem Dekor sind dabei ebenso bezeichnend für den Formensatz der Periode Troia IV wie flache scheibengedrehte Teller, einhenklige karinierte Tassen mit abgesetztem Standring, geschwungene Depasbecher mit niederem Standfuß oder Standring, Schalen mit ausgespartem, gerundetem bis keulenförmig verdicktem Rand, bauchige Henkelkrüge mit am Gefäßkörper ansetzenden Horizontal- oder Vertikalhenkeln, Entenaskoi und anthropomorphe Deckel und Gefäße (Abb. 145.1–2). Zu den Leitformen der Periode Troia V zählen ein- und zweihenklige Becher mit sanduhrförmigem Profilverlauf, Kannen mit kleeblattförmiger oder schräger Mündung und umlaufenden Rillenpaaren am Ansatz eines abgesetzten zylindrischen Halses, Schalen mit einziehendem Rand oder stark ausgeprägter Karinierung, Schalen mit Volutenhenkeln und/oder kreuz- oder sternförmiger Bemalungen aus rotbrauner bis hellroter Tonschlämme auf der Innen- und/oder Außenseite, die sogenannten Red cross bowls (cf. Abb. 145.2). Nur wenig formale Variation zeichnet sich hinsichtlich der Kochtöpfe beider Perioden ab; dominant sind Typvertreter mit kugeligem Körper, leicht einziehender Mündung, zwei oder mehreren vertikalen Henkeln unterhalb des Rands und flachem Boden; die häufig fleckig verfärbten Gefäßwandungen und Schmauchspuren auf den Außenseiten zeigen deutlich, daß diese Gefäße auf dem Herdfeuer oder in einem der zahlreichen Kuppelöfen standen. Bezogen auf die stratigraphische Abfolge weist die Verteilung sowohl der Warengattungen wie auch der Formenklassen, Typen und Varianten insgesamt auf eine kontinuierliche, nur graduellen Innovationsprozessen unterliegende Entwicklung des Töpfereiwesens zur Zeit von Troia IV und Troia V hin; gerade die langen Laufzeiten einiger bestimmter Produktionslinien sind es dann auch, die zu einer starken inhaltlichen und typologischen Überschneidung früher Troia V-zeitlicher Fundinventare mit solchen der vorhergehenden Periode Troia IV führen. In den Bereich der Nahrungszubereitung gehören aus den Reihen der Kleinfunde insbesondere die Reib- und Läufersteine, auch werden die in zeitlich entsprechenden Schichtablagerungen aufgenommenen Stößel und Klopfsteine bei der Verarbeitung von Ernteprodukten zum Einsatz gekommen sein (cf. Kapitel 5); bei den Kleinfunden sind es jedoch vor allem im textil- und lederverarbeitenden Produktionszweig anzusiedelnde Objekte, wie zum Beispiel Spinnwirtel aus Keramik oder Stein, Spatulae, Pfrieme und Metapodienspitzen aus Knochen, die das Fundaufkommen der Perioden Troia IV und Troia V maßgeblich bestimmen und stratifizierte Fundkomplexe wie etwa auch denjenigen der Planquadrate A 5/6 als Lebensraum häuslicher Gemeinschaften ausweisen. Grabfunde der Perioden Troia IV und Troia V sind bislang nur wenige bekannt, so daß den beiden im Südosten des Areals D 20 erfaßten eine um so größere Bedeutung zukommt. Es handelt sich zum einen um das leicht in den anstehenden Kalkfelsen eingetiefte Körpergrab eines Kindes, in dessen vorwiegend aus gelblichem Ton bestehender Verfüllung sich ein in Ware 3D gefertigter Entenaskos als Beigabe fand (Abb. 146), zum anderen um das Grab einer teilweise kremierten, wohl älteren weiblichen Person. Der Umstand, daß im äußersten Nordwesten Kleinasiens bereits im ausgehenden 3., beginnenden 2. Jahrtausend v. Chr. Tote verbrannt wurden, ist dabei in sofern von Relevanz, als daß sich hierin gegebenenfalls der Beginn einer Tradition abzeichnen mag, an deren Ende – mit Phase Troia VI Spät – die Sitte der Brandbestattung stehen mag. Von einer integrativen, sowohl befund- wie materialimmanenten Gegenüberstellung der verschiedenen Teilergebnisse zu Stratigraphie und Keramik im Bereich der Planquadrate F 8, E 6 sowie A 5/6 ausgehend, ergibt sich für die hier zur Diskussion stehenden Perioden Troia IV und Troia V ein tragfähiger Bezugsrahmen zur relativen Fundplatzchronologie (cf. Kapitel 7 u. 8). Grundlage für diesen bildet eine sich in vergleichbaren Stadien vollziehende architektonische Entwicklung, bei entsprechender Veränderung des keramischen Waren- und Formenspektrums. Die von Blegen et al. ausgehend von den Schichtenabfolgenden der Quadrate F 8 und E 6 für Troia V vorgenommene Differenzierung in einen frühen, mittleren und späten Siedlungsabschnitt erweist sich bezüglich Inhalt und relativchronologischer Strukturierung auf die Befundverhältnisse in Areal A 5/6 im wesentlichen übertragbar, unter der Voraussetzung, daß Phase Troia IVe der Subperiode Troy V Early zugewiesen und damit Troia V1 gleichgestellt wird. Mit einer Stellung in Phase FBZ IIIb ist der vierte Siedlungsabschnitt des Hisarlık Tepe/Troia dem Ende der anatolischen Frühbronzezeit zuzuweisen und damit parallel mit dem Hauptteil von Stufe FH III; der Periodenbeginn ist um 2200/2150 v. Chr. festzusetzen, das Ende um 2000–1960/1950 v. Chr. Das Auftreten von Schalen mit Volutenhenkeln und vor allem von Red cross bowls zu Beginn von Troia V markiert in kultureller Hinsicht den Übergang zur Mittelbronzezeit, für das Ende des fünften Siedlungshorizonts ergibt sich bei einer teilweisen zeitlichen Überlappung mit Phase MM IA ein um 1760/1750 v. Chr. anzusetzendes Datum.1587 Trotz seiner küstennahen Lage erweist sich der Fundort im Zeitraum der Perioden Troia IV und Troia V weit stärker dem anatolischen Kulturraum zugewandt als dem ägäischen (Abb. 147; cf. Kapitel 8). Ausgehend von Vergleichsfunden wie etwa Schnabelkannen, Kannen mit abgesetztem schlanken Hals und hinten ausgeschnittener Randzone, den späten Varianten des Depasbechers und vor allem von Red cross bowls ergeben sich dabei direkte Verbindungen nach Inneranatolien und von hier aus zu Siedlungsplätzen im Südosten Kleinasiens.

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