Aufklärung des Infektionsweges der Gehirninfektion von Trypanosoma brucei und Charakterisierung der Parasiten im zentralen Nervensystem

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/58987
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-589876
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-411
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2015
Sprache: Deutsch
Fakultät: 7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Biochemie
Gutachter: Duszenko, Michael (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2014-12-22
DDC-Klassifikation: 570 - Biowissenschaften, Biologie
Schlagworte: Trypanosomiase , Parasitologie , Neuroanatomie
Freie Schlagwörter: Gehirninfektion
brain infection
trypanosoma brucei
sleeping sickness
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Die Afrikanische Schlafkrankheit wird von Trypanosomen verursacht, die die Tsetse-Fliege während einer Blutmahlzeit auf den menschlichen Wirt überträgt. Initial besiedeln die Parasiten Blut und Lymphflüssigkeit, bevor sie im 2. Krankheitsstadium in das zerebrale Nervensystem invadieren. Diese Phase äußert sich klinisch in Koordinationsstörungen, verwaschener Sprache und einer Deregulation des Schlaf-Wach-Zyklus. Auf Grund der Symptome erschien es lange Zeit plausibel, dass Trypanosomen unter Überwindung der Blut-Hirn-Schranke ins Gehirnparenchym vordringen. Dazu müssten sie die Glia limitans überqueren, die das Gehirn komplett umgibt und nach außen und zu den Blutgefäßen hin abschirmt. Für Immunzellen sind solche Migrationen über die Blut-Hirn-Schranke beschrieben, doch handelt es sich dabei um sehr komplexe Mechanismen, die spezifische Zell-Zell-Interaktionen erfordern. Bei Trypanosomen sind solche Mechanismen in Säugetieren nicht bekannt. In dieser Arbeit wird gezeigt, dass Trypanosomen innerhalb des Gehirnparenchyms nicht wie bisher angenommen überleben können. So führt beispielsweise eine artifizielle Parasiten-Injektion in das Striatum nicht zu einer Infektion. Des Weiteren traten intraperitoneal gespritzte Parasiten (T. brucei brucei) nur selten innerhalb des Gehirnparenchyms von Wistar- Ratten auf, wo sie von Mikrogliazellen phagozytiert wurden. Diese Beobachtungen stellen die bisherige Lehrmeinung in Frage, Trypanosomen überwänden die Blut-Hirn-Schranke und besiedelten das Gehirn. Stattdessen scheint der Durchtritt durch die Blut-CSF-Schranke für die Krankheitsentwicklung viel entscheidender zu sein. Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass die Blut-CSF-Schranke im Laufe einer Infektion für kernspintomographische Kontrastmittel durchlässig wird. Wichtigste Komponente der Blut-CSF-Schranke ist der Plexus choroideus, der für die Liquor-Bildung verantwortliche Teil der Ventrikelauskleidung. Dieser befindet sich anatomisch gesehen außerhalb des Gehirns und steht über das Ventrikelsystem in direkter Verbindung zu den Gehirnhäuten. Wie mittels real-time PCR und Elektronenmikroskopie gezeigt, infizieren Trypanosomen den Plexus choroideus, den Liquor und letztlich die Pia mater. Letztere könnte dabei als immunprivilegiertes Habitat fungieren, von wo aus es zu einer Reinfektion des Blutes (einem sogenannten relapse) kommen kann. Da CSF offensichtlich trypanozid wirksame Substanzen enthält, ist es für die Parasiten lebenswichtig, die Ventrikel so schnell wie möglich zu durchqueren. Wie erwartet schwimmen aus dem Gehirn isolierte Trypanosomen auffallend schnell und gerichtet, während sich Blutparasiten der frühen Infektionsphase vergleichsweise langsam und stationär bewegen. Darüber hinaus unterscheiden sie sich signifikant in ihrer Länge und sind möglicherweise auch anderweitig adaptiert (z.B. gibt es Hinweise darauf, dass sich Endosomen nicht nur im Bereich der Flagellumtasche abschnüren). CSF Infektionen erfolgen zyklisch und folgen damit dem Verlauf der Parasitämie. Allerdings konnte auch gezeigt werden, dass dies nicht Folge Antikörper- vermittelter Immunreaktionen ist, da kein anti-trypanosomales Immunglobulin G im Liquor nachgewiesen werden konnte. Auf ihrem Weg über die Blut-CSF-Schranke müssen Trypanosomen die Epithelzellen des Plexus choroideus überqueren. Diese nutzen unter anderem Claudin-11 zur Ausbildung von tight junctions. Es konnte gezeigt werden, dasseine Wechselwirkung zwischen Trypanosomen und heterolog exprimiertem Claudin-11 besteht. Zuletzt wurde die Fähigkeit von Trypanosomen analysiert, andere Organe zu infiltrieren. Diese Ergebnisse lassen die Gehirninfektion afrikanischer Trypanosomen in einem völlig neuen Licht erscheinen und eröffnen neue Ansätze der Medikamenten-Entwicklung und -Applikation.

Abstract:

African trypanosomes induce sleeping sickness. They are transmitted during a blood meal of the tsetse fly and appear primarily in the blood and lymphatic system, before they enter the central nervous system. During this 2nd stage, the parasite induces a deregulation of the sleep-wake-cycles (hence the name) and some additional phenomena like coordination problems and disturbance of speech. It was thus a logical assumption that trypanosomes cross the blood-brain barrier and nestle somewhere between the brain cells. The brain, however, is completely covered by a dense barrier, the so-called glia limitans that surrounds the brain and covers the blood vessels, with the latter being the literal blood-brain barrier. It is known that some immune cells are able to cross this barrier, but this needs a sophisticated mechanism and very specific cell-cell interactions that were never observed for trypanosomes within the mammalian host. In this work we show that trypanosomes cannot develop inside the brain parenchyma. Indeed, injecting parasites directly into the brain parenchyma led not to an infection. Likewise, after an intraperitoneal infection of Wistar rats, T. brucei brucei could be observed very rarely inside the brain parenchyma, where the parasites were readily phagocytized by microglia. These observations make it necessary to reconsider the common opinion that the parasites cross the blood-brain barrier and settle inside the brain, whereas factually crossing the blood-CSF barrier seems much more important for pathogenesis. In fact, during prolonged infection the blood-CSF barrier was found to be leaky for contrast agents used in magnet resonance tomography. The blood-CSF barrier is formed by the choroid plexus, i.e. the part of the ventricles where cerebrospinal fluid is formed. Anatomically, the ventricle system lies outside the brain and extends to the meninges, which surround the brain next to the glia limitans. As shown in this work by real-time PCR mapping and electron microscopy, trypanosomes infiltrate the choroid plexus, CSF and finally the pia mater, the innermost one of the meninges. This habitat might function as a refuge, from where reinfections of the blood (so-called relapses) could easily occur. CSF itself has been proven to be toxic for trypanosomes, which would make it necessary for them to cross the ventricle’s hostile environment as fast as possible. In fact, trypanosomes isolated from brain show a very rapid movement of their flagellum and swim in a much more directed manner compared to trypanosomes found at an early infection stage in blood. Moreover, they are significantly longer and might have evolved some other adaptations to survive in the brain (probably endocytosis which is not restricted to the flagellar pocket as in bloodstream forms). Furthermore, it is demonstrated that CSF infections occur periodically, following the parasite titer in blood. However, this process seems to be independent of antibody- mediated immune response, as anti-trypanosomal immunoglobulin G could not be found in CSF. For crossing the blood-CSF barrier, trypanosomes have to overcome the plexus epithelial cells. These cells are connected by claudin- 11 containing tight junctions. It is shown in this work that trypanosomes interact with heterologously expressed claudin-11. Finally, infiltration of trypanosomes into other organs has been analyzed. These results put new lights on the infection strategy and will open new avenues for treatment and drug development.

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