Inhaltszusammenfassung:
Für das Leben und überleben von Tieren und Menschen sind nur wenige kognitive Mechanismen so fundamental wie die Fähigkeit sich in der Umwelt zu orientieren. Diese Orientierungsfähigkeit bildete den Rahmen der vorliegenden Arbeit, die sich auf die Erkennung und die kognitive Repräsentation von Orten konzentrierte. Das einzelne Orte bereits mit geringer sensorischer und verarbeitender Kapazität erkannt und unterschieden werden können, konnte in einer Computersimulation zum Orientierungsverhalten von Wüstenameisen gezeigt werden. Einfache visuelle Merkmale, wie sie in der natürlichen Umgebung der Tiere vorkommen, sind dabei für die Orientierung ausreichend.
In einem Verhaltensexperiment beim Menschen konnte nicht nur der Aufbau von einzelnen Ortsrepräsentationen, sondern auch deren Integration in Routen- und Kartenrepräsentationen beobachtet werden. Dabei zeigte sich, dass abhängig davon, ob vermehrt lokale oder globale Strukturen zur Orientierung genutzt wurden, auch verstärkt eine Routen- oder Kartenrepräsentation aufgebaut wurde.
Die verschiedenen Raumrepräsentationen selbst stehen in Verbindung mit unterschiedlich komplexen Verhaltensmustern und der Interaktion zwischen Arbeits- und Langzeitgedächtnis. Auf Grundlage dieser Zusammenhänge wurde ein allgemeiner Rahmen formuliert, in dem Orientierungsverhalten, ökologische Voraussetzungen und neuronale Mechanismen diskutiert wurden.
In einem weiteren Experiment konnte gezeigt werden, dass der Abruf von Ortswissen aus dem Langzeitgedächtnis in perspektivischer egozentrischer Form erfolgt, wobei eine bevorzugte Perspektive nicht nur von den Strukturen eines Ortes bestimmt wurde, sondern auch situations- und aufgabenabhängig war.
Die einzelnen Arbeiten der vorliegenden kumulativen Dissertation zeigen die unterschiedlichen Stufen von einfacher Ortserkennung über den Aufbau einer Raumrepräsentation bis hin zu Verwendung solcher Repräsentationen aus dem Langzeitgedächtnis. Dabei wurden sowohl bestehende Konzepte der Raumkognition diskutiert und ergänzt, als auch weitere Grundlagen für die Entwicklung theoretischer Modelle und künstlicher Systeme geschaffen.