Inhaltszusammenfassung:
Einleitung: Die Gallengangatresie (GGA) ist eine lebensbedrohliche cholestati-
sche Lebererkrankung Neugeborener und die häufigste Ursache einer LTx im
Kindesalter. Eine fortschreitende entzündlich-fibrotische Obstruktion der Gallen-
gänge mit unklarer Pathogenese führt im Verlauf zu einer Leberfibrose. Eine früh-
zeitige Diagnosestellung ist daher für die Prognose der Kinder entscheidend. Ak-
tuelle Studien legen eine durch perinatale Toxine und/oder durch Mikroben indu-
zierte immunologische Dysregulation in den Gallenwegen und im Lebergewebe
nahe. Antimikrobielle Peptide (AMPs), Moleküle der Erstlinienverteidigung des
angeborenen Immunsystems, schützen das Gewebe gegen eindringende Mikro-
ben und besitzen modulierende Wirkung auf Entzündungs- und Immunreaktionen
(z.B. durch Chemoattraktion). Während gezeigt werden konnte, dass die Dysre-
gulation von AMPs eine zentrale Rolle in der Pathogenese entzündlicher Dar-
merkrankungen spielt, ist die Rolle bei pädiatrischen cholestatischen Leberer-
krankungen bisher nicht ausreichend erforscht. Ziel dieser Arbeit ist es, die Ex-
pression antimikrobieller Peptide und Proteine bei Kindern mit GGA und nach
LTx zu untersuchen, mit gesundem Lebergewebe und Gewebe anderer pädiatri-
scher cholestatischer Lebererkrankungen zu vergleichen und die Ergebnisse mit
den klinischen Verläufen in Beziehung zu setzen.
Material und Methoden: Die Expression relevanter antimikrobieller Peptide und
Proteine (humane β-Defensine (hBD) 1 & 2, TXN, LL-37, LEAP-1, Lysozym, MBL
und C5) wurde im Lebergewebe von Patient*innen mit GGA bei Diagnosestellung
(fGGA) und im Krankheitsverlauf (sGGA) analysiert und mit altersentsprechen-
dem normalem Lebergewebe von Krebspatient*innen (GLG), Patient*innen mit
transienter neonataler Cholestase (TNC) und familiären Cholestaseerkrankun-
gen (FCE) im frühen (fFCE) und späten Krankheitsstadium (sFCE) verglichen.
Gruppenunterschiede wurden via ANOVA oder Kruskal-Wallis-Test mit anschie-
ßenden paarweisen Vergleichen analysiert (*= p ≤ ,05; ** = p ≤ ,01; *** = p ≤ ,001;
ns, nicht signifikant). Klinische Auswirkungen wurden anhand des Kaplan-Meier-
Schätzers sowie anhand von Korrelationsanalysen mit dem profibrotischen Zyto-
kin TGFβ und Cholestasemarkern wie Serumbilirubin untersucht.
Ergebnisse: LL-37 zeigt sich im frühen Krankheitsstadium im Vergleich zur spä-
ten GGA und normalem Lebergewebe signifikant erhöht exprimiert (Abb. 8A). Die
Expression des hBD1 ist in der späten GGA im Vergleich zum frühen Krankheits-
stadium und zu normalem Lebergewebe signifikant hochreguliert (Abb. 2B).
Beide Peptide korrelieren mit dem profibrotischen Zytokin TGFβ (Abb. 4C und
8C), wobei diese Korrelation bei LL-37 nur für das frühe Stadium signifikant aus-
fällt (hBD1_GGA: R² = ,17, p = ,01; LL-37_eGGA: R² = ,44, p = ,02), jedoch nicht
mit dem Serumbilirubin (Abb. 6A). Höhere hBD1-Expressionslevel sind bei fGGA
assoziiert mit einem kürzeren Überleben mit nativer Leber (hBD1: p = ,09), (Abb.
7A). Auch im pädiatrischen Lebertransplantat ist die Expression von hBD1 signi-
fikant erhöht, unabhängig von Indikation der Biopsie (Abb. 15A) und steigt ten-
denziell mit dem Transplantatalter weiter an (Abb. 15C). Hier besteht im Gegen-
satz zu den nativen Leberbiopsien eine signifikant positive Korrelation zu Serum-
bilirubin (r = ,32, p = ,01), (Abb. 16). LEAP-1 ist bei fortgeschrittener Lebererkran-
kung signifikant vermindert exprimiert (Abb. 9A), wobei eine niedrigere Expres-
sion mit einem kürzeren Überleben mit nativer Leber einhergeht (Abb. 9D). Die
Expression des Lysozyms variiert zwischen den untersuchten pädiatrischen Cho-
lestaseerkankungen und ist bei fFCE signifikant niedriger als bei fGGA (Abb.
11A). Eine niedrige Expression der Komplementfaktoren MBL und C5 ist bei GGA
assoziiert mit einer früher notwendigen LTx (Abb. 13). Eine erfolgreiche Bilirubin-
Clearance drei Monate nach Kasai-Operation ist assoziiert mit einem niedrigeren
Risiko für eine frühe LTx und einer niedrigeren MBL-Expression (Abb. 14).
Fazit: Während die frühe Induktion der LL-37-Expression bei GGA als Antwort
auf die Inflammation zu Beginn der Erkrankung zu erklären wäre, könnte die deut-
lich erhöhte hBD1-Expression im Spätstadium einen Marker für den fibrotischen
Umbau im Krankheitsverlauf darstellen. Basierend auf der Korrelation des hBD1
mit dem Fibrosemarker TGFβ und dem schlechteren Outcome bei höheren
hBD1-Expressionswerten ist eine Eignung des hBD1 als prädiktiver Biomarker
zur Risikostratifizierung zu prüfen. Angesichts der bisher mangelnden Biomarker
und der aufgrund der individuellen Krankheitsverläufe herausfordernden Thera-
pieplanung bieten die in dieser Arbeit gemessenen veränderten Expressionspro-
file der AMPs neue wichtige Ansätze, welche weiterer Forschung bedürfen.