Inhaltszusammenfassung:
Skarne kommen in allen Regionen des Erzgebirges vor, wobei sich vererzte Systeme
auf die Lagerstättenreviere von Aue-Schwarzenberg und Geyer-Ehrenfriedersdorf
konzentrieren, jedoch auch isoliert bei Oelsnitz, Berggießhübel oder Zobes
vorkommen. Die niedriggradigen, aber großvolumigen Skarne im Erzgebirge stellen
eine noch wenig erschlossene Rohstoffquelle für Zinn, Wolfram, Indium und andere
kritische Elemente innerhalb der Europäischen Union dar. Anatomie, Mineralogie und
Metallogenie der Skarne sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig. Ein
wesentliches Kriterium sind die Ausgangsgesteine, die im Erzgebirge einen
unterschiedlichen Grad der Metamorphose erfahren haben. In Kalzitischen Marmoren
tritt eine umfangreiche Verskarnung auf, bei welcher eine Abfolge von proximalem
Granat über intermediären Pyroxen zu distalem Wollastonit ausgebildet ist.
magnesiumreiche Paragenesen sind mit Dolomitmarmor assoziiert, in welchem sich
bevorzugt magnetitreiche Zonen entwickelten. Komplex aufgebaute Skarne sind an
basische Vulkanite, mergelige Metasedimentite und Wechsellagerungen zwischen
karbonatischen und silikatischen Edukten gebunden. Die Bildungstiefe der
Verskarnung hat Auswirkungen auf die Größe der Systeme: In sprödhaften Zonen
kann die Porosität und Permeabilität eines Gesteins größer sein als in duktilen
Bereichen, was direkten Einfluss auf die Fluidzirkulation und die Ausdehnung der
Reaktionsfront hat. Dies führt zu gesteins- und fluidgepufferten
Entstehungsbedingungen, die wiederum Mineralogie und Mineralchemie bedingen.
Eine große Bedeutung hat auch das Vorhandensein von Wegsamkeiten für Fluide.
Besonders die Präsenz überregionaler Störungen kann die Größe und die
Mehrphasigkeit eines Systems beeinflussen. Jedoch sind auch kleinere Störungen im
Zuge der retrograden Alteration wichtig, die es ermöglichen, dass Fluide trotz
geschlossenen Porenraums weiterhin mit dem umgebenden Gestein reagieren
können. Ein weiterer struktureller Faktor ist die Morphologie der Intrusionen, die für die
Verskarnung verantwortlich sind. Vererzte Skarne sind an Granithochlagen gebunden
oder kommen in einer gewissen Distanz zu der Intrusion vor. Alle derzeit bekannten
wirtschaftlich relevanten Skarne im Erzgebirge stehen mit post-kollisionalem
Magmatismus im Nachgang der variszischen Orogenese in Zusammenhang. Dieser
wird durch S- und A-Typ-Granite geprägt, die unter anderem anhand ihres Fluor- und
Phosphorgehalts unterschieden werden. Wolframhaltige Skarne treten sowohl in der
Nähe von Graniten mit niedrigem als auch mit hohem Fluorgehalt auf, während Zinn
vor allem mit fluorreichen, leukokraten Graniten assoziiert ist. Zwei Perioden
magmatischer Aktivität nach der variszischen Orogenese sind im Erzgebirge
dokumentiert. Eine erste Phase brachte die großvolumigen Batholithe hervor
(spätvariszisch), die nachträglich von kleinräumigeren Granitstöcken abgelöst wurden
(postvariszisch). Simultan zu diesen magmatischen Zyklen entstanden auch die
mehrphasigen Skarnsysteme. Geochronologische Daten zur Zinnmineralisation
zeigen, dass die jüngste Phase des Magmatismus die produktivsten Erzkörper
hervorbrachte. Obwohl die dominierenden Wertmetalle in einzelnen Systemen
variieren, können sie im Wesentlichen als Wolfram- (Zobes), Wolfram-Zinn-
(Globenstein), Zinn- (Ehrenfriedersdorf), Zinn-Zink- (Geyer) und Zink-Zinn-Skarne
(Waschleithe) klassifiziert werden.
Das Revier von Geyer ist eine Blaupause für viele dieser Erkenntnisse. Hier zeigt sich
die Ausbildung einer skarnoiden Alteration um 325 Millionen Jahre im Zusammenhang
mit der Intrusion des Ehrenfriedersdorf-Plutons. Diese Phase weist weder
eigenständige Zinnminerale auf, noch sind die Kalksilikatminerale an Zinn oder
anderen Wertelementen angereichert. Die Verskarnung fand bei circa 450 °C in einer
kontaktmetamorphen, gesteinsgepufferten Umgebung statt. Elemente wurden dabei
hauptsächlich von Porenfluiden transportiert und die chemische Signatur der
Skarnminerale vom Ausgangsgestein diktiert. Die nachfolgende metasomatische
Verskarnung, die etwa 15–20 Millionen Jahre später erfolgte, umfasst eine pro- und
eine retrograde Phase jeweils mit signifikanter Zinnvererzung. In der frühen Phase, die
bei Temperaturen von circa 350 °C ablief, oszillierten fluid- und gesteinsgepufferte
Bedingungen. In einer fluidreichen Umgebung bauen Kalksilikatminerale Elemente
nicht gemäß ihres mineralspezifischen Verteilungskoeffizienten ein, sondern
übernehmen die Signatur des Fluids. Dieses weist auch Charakteristika einer
Phasenseparation auf. In der retrograden Phase werden zinnhaltige von nominell
zinnfreien Mineralen verdrängt, was zu einer Freisetzung des Zinns und
anschließenden Ausfällung von Kassiterit führt. Diese skarngebundene Zinnvererzung
erfolgte gleichzeitig mit Greisenbildung im nahegelegenen Geyersberg sowie in den
die Metasedimentite durchschneidenden Gängen, die beide Kassiteritführend sind.
Somit ist die Zinnvererzung im Revier Geyer auf ein magmatisch-hydrothermales
Event zurückzuführen.