Die Dissertation ist gesperrt bis zum 01.09.2022 !!
Das Teilen von Meinungen, insbesondere von solchen, die nicht dem Mainstream entsprechen (z. B. abweichende Meinungen), ist von enormer Wichtigkeit: abweichende Meinungen können ursächlich zur Modifikation, Veränderung. oder Neuorientierung beispielsweise politischer, sozialer, ökonomischer, ökologiescher oder wertorientierter Prozesse oder Zielvorgaben, beitragen.
Die Frage, ob und wie Meinungen generiert und geäußert werden, ist Gegenstand mannigfacher Untersuchungen. Wie und ob Meinungen geäußert werden, hängt laut bestehender Forschung zum einen von der Mehrheitsmeinung der Gesellschaft ab. Ein Teil der Literatur legt nahe, dass Meinungen, die nicht mit der Mehrheitsmeinung übereinstimmen (z. B. eine Minderheitenmeinung; Glynn et al., 1997; Noelle-Neumann, 2001), aus Angst vor negativen Reaktionen weniger geäußert werden (Ho & McLeod, 2008; Neubaum & Krämer, 2018b).
Eine anderer Forschungsstrang zeigt einen ähnlichen aber größeren Effekt: Demnach sinkt die Wahrscheinlichkeit, eine eigene Meinung zu äußern, wenn man Interaktionspartnern gegenübersteht, die diese Meinung ablehnen (Asch, 1956; Stasser, 1992; Wittenbaum & Bowman, 2005). Verstärkt wird dies bei öffentlichen (im Vergleich zu privaten) Meinungsäußerungen (Kelman, 2017; Maass & Clark, 1983). Nicht zuletzt gibt es auch Forschung, die den bedeutsamen Effekt gefunden hat, dass abweichende (im Vergleich zu konsistenten) Meinungen sogar wahrscheinlicher geäußert werden (Hornsey et al., 2003; Porten-Cheé & Eilders, 2015).
Bislang fehlte es in bisheriger Forschung jedoch an einer Kombination der beider Forschungsstränge, die weniger Redebereitschaft bei abweichender Meinung fand. Dadurch bleibt unklar, ob abweichende Meinungen beispielsweise nur in potenziell konfliktreichen Interaktionen (nicht) äußern oder es in der Tat auf die wahrgenommene Mehrheitsmeinung ankommt. Es bleibt in der bisherigen Forschung ebenfalls unklar, ob abweichender Meinungsäußerungen durch unterschiedliche Kontexte beeinflusst werden. Anders formuliert geht es u.a. um die Frage, ob eine Meinungsäußerung in „nicht-interaktiven Kontexten“ (d.h. ohne direkte Reaktionen - z. B. in Form von Bewertungsportalen) auch die Wahrscheinlichkeit zu abweichenden Meinungsäußerungen verringern.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist, einen Einblick in verschiedene und heterogene Paradigmen und Kontexte (z.B. Gespräche, Bewertungsportale) zu geben, in denen die beiden relevanten Aspekte der vorherrschenden Meinung (Mehrheitsmeinung und konfrontierte Meinung) auf die Meinungsäußerung untersucht wurden. Um die externe Validität der Ergebnisse zu erhöhen, wurde dazu auch die tatsächliche Meinungsäußerung innerhalb und außerhalb des Labors erfasst. Insgesamt wurden hierzu acht Studien mit Ntotal = 1870 durchgeführt.
In Übereinstimmung mit der bisherigen Forschung zeigen die vorliegenden Ergebnisse, dass die Bedeutung der Mehrheitsmeinung nicht so relevant ist wie die einer konfrontierten Meinung: Es wurde eine größere Angst vor einer Konfrontation wahrgenommen, wenn die eigene Meinung nicht mit der vorherrschenden Meinung (der Mehrheit oder der Interaktionspartner) übereinstimmte. Dies verringerte wiederum die Meinungsäußerung.
Darüber hinaus kann aufgrund der Ergebnisse davon ausgegangen werden, dass zudem durch andere Aspekte (z.B. eine laufende Konversation oder die fehlende Angst vor negativen Reaktionen anderer) die Wahrscheinlichkeit eine (abweichende) Meinung zu äußern erhöht wird. Daraus ergeben sich relevante Aspekte, die in der zukünftigen Forschung berücksichtigt werden sollten.