Funktionelle Analyse und chirurgische Ergebnisse der Metallentfernung nach ESIN-Osteosynthese im Kindes- und Jugendalter

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/88342
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-883422
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-29726
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2019-05-02
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Lieber, Justus (PD Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2019-04-02
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Osteosynthese , Kind
Freie Schlagwörter: Fraktur
ESIN
Metallentfernung
elastic stable
child
intramedullary nailing
fracture
implant removal
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Hintergrund: Die elastisch-stabile intramedulläre Nagelung (ESIN) gilt als Gold- standard in der Behandlung von Schaftfrakturen und speziellen metaphysären Frakturen der langen Röhrenknochen im Wachstumsalter. Vorteil dieser minimal- invasiven Osteosynthese ist die gipsfreie Nachbehandlung und die damit verbun- dene unmittelbar postoperative Mobilisierungs- und Bewegungsmöglichkeit im Alltag. Nach abgeschlossener Knochenheilung und Remodellierung erfolgt die Metallentfernung (ME), um chronische Infektionen, Erosionen benachbarter Weichteilstrukturen und Störungen bei der Versorgung später im Leben erlittener Frakturen zu vermeiden. Allerdings wird der Nutzen einer ME in der Literatur zu- nehmend kontrovers diskutiert und gegen Risiken und Komplikationen des Ein- griffs abgewogen. Methodik und Zielsetzung: Ziel der vorliegenden Arbeit war die retrospektive Datenanalyse aller mit ESIN versorgten Frakturen im Wachstumsalter an der Ab- teilung für Kinderchirurgie und Kinderurologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Tübingen in den Jahren 2004 bis 2013. Neben der Erhebung epidemiologischer Daten wurde die technische Ver- sorgung, der Verlauf sowie das klinische und funktionelle Ergebnis anhand von Röntgenbildern und Daten des klinikeigenen Patienteninformationssystems eva- luiert. Das Hauptaugenmerk lag auf der Analyse der ME mit der Frage nach der Indikation, Durchführung, Komplikationen und dem Ergebnis. Mit den Messpara- metern der extramedullären Implantatlänge und -winkeln sowie Operationsdauer und notwendigen Durchleuchtungsraten sollten Rückschlüsse auf Durchführbar- keit und Rechtfertigung des Eingriffs gezogen werden. Ergebnisse: Im Untersuchungszeitraum von zehn Jahren wurden 432 ESIN- Osteosynthesen bei Extremitätenfrakturen bei Kindern unter 16 Lebensjahren (∅7,2 Jahre; range 1–15) angewandt. Die Geschlechterverteilung war weib- lich:männlich = 145:287, entsprechend 34:66%. Die Verteilung der Frakturlo- kalisationen war wie folgt: Humerus n=49 (11%), Unterarm (Radius und Ulna 66 isoliert sowie kombiniert) n=250 (58%), Femur n=68 (16%), Unterschenkel (Tibia isoliert und in Kombination) n = 55 (13%) sowie Metakarpale n = 7, Metatar- sale n = 2 und Klavikula n = 1. Daraus ergibt sich eine Verteilung obere Extremi- tät:untere Extremität von 71:29%. Beim Unfallzusammenhang dominierte mit 62% der Fälle das Niedrigrasanztrauma. Durchschnittlich erfolgte die Versorgung mit ESIN 2,8 Tage nach Trauma mit einer OP-Dauer von 54 Minuten. Die Patienten waren im Schnitt 4,1 Nächte (range 1–100) stationär. Komplikationen traten in 5,3% der Fälle auf, am häufigs- ten waren Verfahrenswechsel (2,5%) auf Grund von Insuffizienzen der Osteo- synthese mit Instabilität bzw. sekundärer Frakturdislokation. Die Metallentfernung erfolgte bei 388 (90%) von 432 Fällen in Tübingen nach einer durchschnittlichen Materialliegedauer von 136 Tagen (range 1–1015). Während der Metallentfernung wurde in 38 Fällen (10%) durchleuchtet. Am Ra- dius wurde in 16 Fällen intraoperativ durchleuchtet. Hier war die extraossäre Implantatlänge mit durchschnittlich 4,9mm signifikant geringer (p=0,01) als bei den Fällen ohne Durchleuchtung (n=154; 7,5mm). Der Winkel zwischen ESIN und Kortikalis zeigte keinen signifikanten Unterschied (p=0,47) bei der ME mit (28,5°) und ohne Durchleuchtung (25,6°). Am Humerus wurde im Rahmen der ME in 26% der Fälle, am Femur in 20% und an Unterarm und Unterschenkel in jeweils 9% der Fälle durchleuchtet. Die Komplikationsrate der ME lag insgesamt bei 2,8% (11 von 388 Fällen), davon eine Grad-III-Komplikation (0,26%; Sehnen- verletzung). Fazit: In der vorliegenden Arbeit finden sich epidemiologische und technische Daten zum Unfallgeschehen und zur ESIN-Osteosynthese, die mit zahlreichen Studien anderer Autoren vergleichbar sind und somit ein repräsentatives Kollek- tiv mit einer hohen Fallzahl darstellen. Auffällig ist eine niedrige Komplikations- rate, die auf eine präzise technische Umsetzung der ESIN-Osteosynthese zu- rückzuführen ist. Die Auswertung der Daten zur ME ergab ebenfalls eine geringe Zahl an Komplikationen, die mit einer Rate von 0,26% für Grad-III-Komplikatio- nen nochmals unter den Angaben aus der Literatur liegt. Die Messungen zu Aus- trittswinkel und -länge der Implantate sowie die Durchleuchtungsraten während 67 der ME führen allerdings zu der Schlussfolgerung, dass der zeitliche und präpa- ratorische – also weichteilbelastende – Aufwand der ME ansteigt, wenn bereits bei der initialen Frakturversorgung nicht den technischen Implantationsempfeh- lungen nachgekommen wird. Aus den vorliegenden Ergebnissen resultiert somit keine klare Empfehlung für, aber auch nicht gegen die Durchführung einer ME im Kindesalter nach ESIN-Osteosynthese. Die anhaltende Diskussion über Nut- zen und Risiken einer ME könnte jedoch schnell an Bedeutung verlieren, wenn nach Weiterentwicklung resorbierbare Implantate in die tägliche Anwendung implementiert werden.

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