Gewalt gegen Ältere im persönlichen Nahraum. Wissenschaftliche Begleitung und Evaluation eines Modellprojekts

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/65090
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-650902
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-6510
Dokumentart: Buch
Erscheinungsdatum: 2002
Sprache: Deutsch
Fakultät: Kriminologisches Repository
Kriminologisches Repository
Fachbereich: Kriminologie
DDC-Klassifikation: 360 - Soziale Probleme, Sozialdienste, Versicherungen
Schlagworte: Alter , Häusliche Gewalt , Projekt , Evaluation
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Inhaltszusammenfassung:

Das aus Mitteln des BMFSFJ geförderte, bei der Stadt Hannover angesiedelte Modellprojekt „Gewalt gegen Ältere im persönlichen Nahraum“ wurde während seiner gesamten Laufzeit (März 1998 bis Februar 2001) von einem interdisziplinär besetzten Team der Universität Gießen wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Zentrale Aufgabe des Projekts war es, im Hinblick auf Gewalterfahrungen älterer Menschen im häuslichen und familiären Bereich Präventions- und Interventionsansätze zu erproben. Dabei wurde ein weites Verständnis von Gewalt zugrunde gelegt, welches neben unmittelbarer körperlicher Zwangseinwirkung auch verbale Aggression, Einschränkungen der Willensfreiheit, finanzielle Ausbeutung sowie intentionale und nicht intentionale Formen der Vernachlässigung einschließt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projekts verfügten vor allem über sozialarbeiterische und sozialpädagogische Qualifikationen. Ihre Arbeitsschwerpunkte lagen in den Bereichen der Beratung und aufsuchenden Sozialarbeit, der Konzeption und des Aufbaus spezifischer Angebote in drei ausgewählten Stadtbezirken, der Vernetzung des Projekts mit für die Bearbeitung des Problemfeldes hilfreichen Institutionen auf lokaler wie nationaler Ebene, der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Organisation und Durchführung von Tagungen, Fortbildungen und anderen Veranstaltungen. Beratung wurde u.a. im Rahmen eines „Krisenund Beratungstelefons im Alter“ angeboten. Zu den wesentlichen Produkten der stadtteilbezogenen Arbeit gehörten ein „Häuslicher Unterstützungsdienst“ für pflegende Angehörige, eine Veranstaltungsreihe zu altersbezogenen Themen und ein Beratungsführer. Im Bereich der Vernetzungsaktivitäten wurde u.a. eine lokale Arbeitsgemeinschaft telefonischer Beratungsanbieter gegründet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Modellprojekts haben in insgesamt rund 340 Fällen Beratung geleistet. Dabei wurde eine sehr große Bandbreite von Themen und Problemlagen an das Team herangetragen; viele Beratungsanliegen ließen sich auch unter den oben skizzierten weiten Gewaltbegriff nicht subsumieren. KlientInnen des Modellprojekts in Gewaltfällen waren in vielen Fällen Personen, die aufgrund einer beruflichen oder privaten Beziehung zu den unmittelbar in das Problem involvierten Personen von dem Fall Kenntnis genommen hatten. Insbesondere Vernachlässigungsopfer waren durch die Beratungsangebote kaum zu erreichen, eine Erfahrung, die andere Einrichtungen in ähnlicher Weise machten. Das Krisen- und Beratungstelefon im Alter, der Häusliche Unterstützungsdienst und die Arbeitsgemeinschaft telefonischer Beratungsanbieter für ältere Menschen werden auch nach dem Ende des Modellprojekts in Hannover weiterbetrieben. Die wissenschaftliche Begleitung war in der Anfangsphase des Modellprojekts aktiv an Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen beteiligt. In der eigentlichen Evaluationsphase bediente sie sich zur Dokumentation und Evaluation der verschiedenen Module des Modellprojekts einer Kombination quantitativer und qualitativer Verfahren (schriftliche und mündliche Befragungen, teilnehmende Beobachtung, Dokumentenanalyse, Gruppendiskussion). Andere mit der Thematik „Gewalt gegen Ältere“ befasste Institutionen in Deutschland, den USA und anderen Ländern wurden – auf der Grundlage von Interviews und publizierten Materialien – vergleichend herangezogen. Im Ergebnis betrachtet die wissenschaftliche Begleitung den inhaltlichen Zuständigkeitsbereich des Modellprojekts – Fälle der Gewalt gegen ältere Menschen, die in der häuslichen Umgebung und von Personen aus dem sozialen Umfeld der Opfer begangen werden – für eine eigenständige Beratungs- und Hilfeeinrichtung auf lokaler Ebene als zu eng gewählt. Sie weist darauf hin, dass das Modellprojekt den im Titel vorgegebenen Themenbereich in seiner praktischen Arbeit vielfach erweitert hat und dass die Hilfebedürfnisse der KlientInnen nur zum Teil aus Fällen der Nahraumgewalt erwachsen. Angesichts des u.a. im Fallaufkommen des Modellprojekts sichtbar werdenden Beratungsbedarfs befürwortet die wissenschaftliche Begleitung die Einrichtung von thematisch weit gefassten Beratungsdiensten für ältere Menschen und hält zugleich die aktive Integration der Thematik „Nahraumgewalt gegen Ältere“ in das Angebot bestehender Institutionen, insbesondere von Einrichtungen, die der Familienberatung und dem Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt dienen, für geboten. Der Vernetzungsansatz des Modellprojekts, die dezentrale Vorgehensweise auf Stadtteilebene, das Aufsuchen der KlientInnen in der alltäglichen Lebensumwelt und die Ausrichtung von Fortbildungen und Veranstaltungen auf Personen mit Multiplikatorfunktion werden als bedeutsam und auf andere Städte oder Regionen sinnvoll übertragbar eingeschätzt.

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