Inhaltszusammenfassung:
30 Jahre nach Verabschiedung eines Vertragsentwurfs für eine europäische Verfassung (Spinelli-Entwurf) legt eine neue Spinelli-Gruppe 2013 einen Vorschlag für eine postnationale, föderale Union vor. Der Beitrag beleuchtet die Entstehungskontexte der beiden kriseninduzierten Verfassungsprojekte, die vom „Club Crocodile“ bzw. von der Spinelli-Gruppe getragen wurden, im Vergleich. Während es Spinelli 1984 gelang, eine breite parlamentarische Unterstützung für seinen Verfassungsentwurf zu mobilisieren, agiert die heutige Spinelli-Gruppe eher als „advocacy coalition“ ohne diesen großen parlamentarischen Rückhalt. Der Beitrag diskutiert ferner die Kontinuitäten der föderalen Programmatik und ihre Adaption durch die Spinelli-Gruppe an die heutigen Gegebenheiten in Gestalt des Entwurfs für ein Europäisches Grundgesetz. Wir argumentieren, dass die Wirkungen der beiden Verfassungsprojekte nicht auf kurzfristige Effekte reduziert werden können, sondern ihre Langzeitwirkungen beachtet werden müssen. Hierbei müssen die spezifischen Restriktionen, denen die Arbeit der Reformgruppen in den 1980er Jahren bzw. heute unterliegt, in Betrachtung gezogen werden.
Abstract:
30 years after the adoption of a draft Treaty for a European Constitution (Spinelli draft), a new Spinelli Group takes up this legacy; in 2013 it presents a proposal for a post-national, federal Union. The article examines the contexts of the origins of the two crisis-induced constitutional projects that were supported by the "Club Crocodile" respectively by the Spinelli Group. While Spinelli in 1984 managed to mobilize a broad parliamentary support for his draft constitution, the Spinelli Group today operates more as an "advocacy coalition" lacking this large parliamentary backing. The paper discusses the continuities of the federal program and how it is adapted by the Spinelli Group to nowadays circumstances in the form of the draft of a Fundamental Law of the European Union. We argue that the impacts of the two constitutional projects cannot be reduced to short-term effects, but their long-term effects must be considered as well. Thereby, the specific restrictions influencing the work of the reform groups in the 1980s and today have to be taken into account.