Die auswärtige Sprachpolitik der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den Staaten Mittel- und Südosteuropas und in der Europäischen Union. Eine theoriegeleitete Außenpolitikanalyse

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-32756
http://hdl.handle.net/10900/47578
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2006
Sprache: Deutsch
Fakultät: 6 Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Politikwissenschaft
Gutachter: Rittberger, Volker (Professor)
Tag der mündl. Prüfung: 2007-03-22
DDC-Klassifikation: 320 - Politik
Schlagworte: Sprachpolitik , Auswärtige Kulturpolitik , Außenpolitik , Goethe-Institut , Europäische Union
Freie Schlagwörter:
German foreign policy , language policy , cultural diplomacy , Goethe-Institut , European Union
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Mit dem Ende des Kalten Krieges und der deutschen Wiedervereinigung wurde nicht nur in der Politikwissenschaft, sondern auch einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert, ob das größere Deutschland seinen vereinigungsbedingten Machtzuwachs in eine machtbewusstere Außenpolitik verwandeln würde. Die vorliegende Arbeit nimmt diese Frage zum Ausgangspunkt und untersucht mit Hilfe von drei konkurrierenden Außenpolitiktheorien – der neorealistischen, utilitaristisch-liberalen und der konstruktivistischen Außenpolitiktheorie –, ob sich in einem bislang weniger erforschten Politikfeld, der auswärtigen Kulturpolitik und hier der Politik zur Förderung der deutschen Sprache, ein solcher Wandel in Richtung einer machtbewussteren Politik feststellen lässt. Die vorliegende Dissertation ist im Bereich der empirisch-analytischen Außenpolitikforschung angesiedelt und zielt auf die theoriegeleitete Erklärung der deutschen auswärtigen Sprachpolitik nach 1990. Untersucht wird mittels einer Kongruenzanalyse und weiterer Beobachtungen, wodurch sich das sprachpolitische Verhalten der Bundesrepublik nach 1990 am besten erklären lässt: Veränderungen in der relativen deutschen Machtposition, den durchsetzungsfähigen gesellschaftlichen Interessen oder der Kraft innergesellschaftlicher und transnational geteilter sozialer Normen. Zur Analyse wurden zwei zentrale Felder der deutschen auswärtigen Kulturpolitik als qualitative Fallstudien im Zeitraum 1985 bis 1998 untersucht: 1) die Politik zur Förderung der deutschen Sprache in Mittel- und Südosteuropa und 2) von Deutsch als Arbeitssprache in der Europäischen Union (EU), welche sich nochmals in je zwei Einzelfälle untergliedern. Das Ergebnis der Analysen fällt überraschend eindeutig aus: Die (modifizierte) neorealistische Außenpolitiktheorie kann die untersuchten Fälle insgesamt am besten erklären, die beiden anderen Theorien bieten allerdings zumindest für einzelne Fälle plausible alternative Erklärungen. So lassen sich das nach 1990 wesentlich gesteigerte Engagement zur Förderung der deutschen Sprache in Mittel- und Südosteuropa und auch die dazu vergleichsweise moderate Statuspolitik zur Durchsetzung von Deutsch als Arbeitssprache in der EG/EU nach 1990 als Formen einer machtbewussteren Außenpolitik charakterisieren, welche auf die jeweilige deutsche Machtposition und den wiedervereinigungsbedingten Machtzuwachs um 1990 zurückzuführen ist. Das vereinigte Deutschland nutzte neu entstandene außenkulturpolitische Einflussmöglichkeiten, verzichtete dabei aber weitgehend auf einen offensiven Machtstil und bemühte sich, das Verhalten mit bestehenden Werten in Einklang zu bringen oder es zumindest als werteorientiert erscheinen zu lassen. Die deutsche auswärtige Sprachpolitik nach 1990 lässt sich aber nicht nur als machtbewusstere Politik charakterisieren, sondern entsprach in Mittel- und Südosteuropa auch den internationalen und innergesellschaftlichen Normen, wohingegen die deutsche Arbeitssprachenpolitik in der EU auch von den Gewinninteressen der politischen und wirtschaftlichen Akteure mitbestimmt wurde. Das Schlusskapitel enthält eine differenzierte Betrachtung der Validität der drei Theorien für die genannten Fälle sowie eine Diskussion ihrer generellen konzeptionellen Stärken und Schwächen, woraus u.a. Schlussfolgerungen für deren Anwendbarkeit im Feld der auswärtigen Kulturpolitik gezogen werden. Darüber hinaus findet eine Einordnung der Ergebnisse in die Forschung zur deutschen Außenpolitik nach 1990 statt.

Abstract:

This dissertation explores the development of German foreign language policy from the mid-1980s to 1998. Based on an theory-guided empirical analysis, it seeks to explain changes in German foreign language policy after unification by applying three competing foreign policy theories: (modified) neorealism, utilitarian liberalism and constructivism, each one derived from major schools of thought in International Relations theory. The central questions are: Did Germany’s strengthened power position in the international and European system after 1990 cause a shift in foreign language policy towards power politics, as neorealists would predict? Or was German foreign language policy rather determined by gain-seeking interests of assertive domestic actors, following utilitarian-liberalists’ assumptions, or by national and international social norms, supporting constructivists’ expectations? The three theories are tested in two domains of foreign cultural policy: 1) the promotion of German in the States of Central and South Eastern Europe and 2) the promotion of German as a working language within the institutions of the European Union. The applied method is a structured, focused comparison in four qualified single cases: the establishment of cultural agencies (Goethe-Institute) and the delegation of German teachers in order to support German in Central and South Eastern Europe (I+II), and the promotion of German in the European Commission and the European Council (III+IV). In a first step, theoretically deduced hypotheses are tested by observing co-variance between the independent and dependent variable. In a second step, the explanatory power of the three theories is evaluated by further observations to prove causality. On the basis of rich empirical data and detailed information, the results show the (modified) neorealist theory as the only one that could explain German foreign language policy in all four cases, whereas the other two fail in at least one domain. The enhanced promotion of German in Central and South Eastern Europe after 1990 can be characterized as influence seeking politics, although the actual behavior was also consistent with dominant international and domestic cultural norms, giving confidence in the explanatory strength of the constructivist theory. The increasing but modest policies to improve the status of German as a working language within the institutions of the European Union can be described as influence and autonomy seeking politics, but was just as well driven by domestic interests, affirming utilitarian-liberal expectations. Aside from the mentioned results, the last chapter also delivers insights into conceptual strengths and weaknesses of the three theories and offers conclusions about their applicability to the issue area of foreign cultural policy. In a final part the findings are put into context with results from other empirical studies about German foreign policy since unification.

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