Frauenspezifische Laufschuhkonzeption - eine Betrachtung aus klinischer, biomechanischer und anthropometrischer Sicht

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-27006
http://hdl.handle.net/10900/47519
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2006
Sprache: Deutsch
Fakultät: 6 Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Sportwissenschaft
Gutachter: Wank, Veit Prof. Dr.
Tag der mündl. Prüfung: 2006-12-18
DDC-Klassifikation: 796 - Sport
Schlagworte: Laufschuh , Untersuchung <Medizin> , Kinematik , Leisten , Geschlechtsunterschied , Gradierung , Cluster <Datenanalyse> , Biomechanik
Freie Schlagwörter:
gender difference , foot type , cluster analysis , kinematics , plantar pressure
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Die zunehmende Anzahl laufbegeisterter Frauen findet in einer immer größer werdenden Anzahl frauenspezifischer Laufschuhe Ausdruck. Untersuchungen, die sich mit der Wirkung unterschiedlicher Schuheigenschaften auf den Bewegungsapparat befasst haben, wurden jedoch fast ausschließlich an Männern durchgeführt. Es bleibt offen, ob Frauenlaufschuhe die vorhandenen geschlechtsspezifischen Unterschiede hinreichend berücksichtigen. Anatomische Differenzen führen bei Frauen zu einer vermehrten Laxität und geringeren Stabilität der Gelenke. Diese werden mit der Entstehung von Überlastungsschäden in Verbindung gebracht. Die Verletzungsprophylaxe stellt neben dem Komfortaspekt ein Hauptkriterium bei der Herstellung von Laufschuhen dar. Ziel der Arbeit ist die Darstellung geschlechtsspezifischer Unterschiede im Hinblick auf klinische, biomechanische und anthropometrische Messgrößen, um eine frauenspezifische Empfehlung für eine Laufschuhkonzeption aussprechen zu können. Die klinische Untersuchung und die Erfassung der plantaren Druckverteilung und der Kinematik der unteren Extremität im Laufen (12 km/Std, barfuß) wurde bei 19 Männer und 21 Frauen durchgeführt. Die Fußform wurden bei insgesamt 847 Probanden (424 Frauen) mit einem Scanner vermessen, der die 3-dimensionale Oberfläche des Fußes rekonstruiert. Zudem wurden Frauenfüße mit einem Laufschuhleisten verglichen. Neben der deskriptiven Darstellung der Ergebnisse wurde zur Darstellung möglicher Geschlechtsdifferenzen der Student´s T-Test verwendet. Ein clusteranalytisches Verfahren fand bei der Generierung von Fußtypen Anwendung. Die Ergebnisse des ersten Teils zeigen bei den Frauen eine vermehrte Laxität und Flexibilität der Bandstrukturen und der Muskulatur. Zudem weisen Frauen in der Kinematik vermehrt Zeichen eines medialen Kollapses auf. Diese Befunde finden bei der plantaren Druckverteilung keinen Ausdruck in einer erhöhten Belastung der medialen Fußareale. Die normierten maximalen vertikalen Bodenreaktionskräfte und deren Kraftanstiegsraten in der Gesamtmaske und der lateralen Rückfußmaske sind bei den Frauen kleiner. Letztere weisen in allen Gelenken eine stärkere Flexionskomponente zwischen 0% und 70% der Standphase auf. Die Ergebnisse des zweiten Untersuchungsabschnittes verdeutlichen, dass Frauenfüße bei Betrachtung der gleichen Schuhgröße schmaler und flacher sind. Bei Betrachtung der Relativmaße kann dieser Unterschied nicht dargestellt werden. Die Erklärung für diese Diskrepanz liefert die Clusteranalyse, bei der insgesamt drei Cluster generiert wurden, die unterschiedliche Fußproportionen verkörpern. Diese sind abhängig von der Fußlänge. Kleinere Füße sind häufig voluminös, längere Füße eher schmal und schlank. Da die Schuhgröße kleiner Männerfüße einem eher großen Frauenfuß enstpricht, kann beim direkten Größenvergleich der Füße in EU 38-40 die geschlechtsspezifische Diskrepanz dargestellt werden. Das Muster der Fußtypenverteilung über die Schuhgrößen ist bis auf eine Verschiebung um etwa drei Größen jedoch identisch. Beim Vergleich der weiblichen Fußform mit einem für Frauenlaufschuhe verwendeten Männerleisten zeigen sich deutliche Diskrepanzen. Insbesondere bei den Breitenmaßen des Fußes sind die dargestellten Unterschiede abhängig von der Schuhgröße, was auf eine unzureichende Gradierung am Leisten schließen lässt. Die Breiten des Leistens entsprechen hier dem voluminösen Fußtyp. Die schlanken Füße der mittleren und großen Größen werden nicht angemessen berücksichtigt. Aufgrund der beschriebenen Geschlechtsdifferenzen im klinischen und biomechanischen Teil der Arbeit empfiehlt sich vor dem Hintergrund der Verletzungsprophylaxe ein Frauenschuh mit verstärkten Stabilitätsmerkmalen. In der Arbeit werden verschiedene Konzepte zur Verbesserung der Stabilitätseingenschaften des Laufschuhs aufgegriffen. Das geringere Körpergewicht der Frauen und deren im Mittel langsameres Lauftempo machen zudem eine Modifikation der Zwischensohlenhärte erforderlich. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der Optimierung der Passform, welche neben dem Komfort auch für die Stabilität mitverantwortlich ist. Zur Passformoptimierung müssen die Proportionen des weiblichen Fußes berücksichtigt werden. Insbesondere dem längenabhängigen Proportionswandel der Fußform sollte hier Rechnung getragen werden, welcher die Verwendung eines Männerleistens für Frauenschuhe in Frage stellt. Zudem werden die unterschiedlichen Fußtypen bei der Gradierung des Leistens im vorliegenden Fall insbesondere in den Breitenmaßen nicht hinreichend berücksichtigt. Hier empfiehlt sich eine nicht-lineare Gradierung, die die Leistenform der am häufigsten vorkommenden Fußform in der jeweiligen Größe anpasst, um für die Mehrzahl der Läuferinnen eine bestmögliche Passform zu erzielen. Die Arbeit beinhaltet einen konkreten Vorschlag zur Optimierung der Leistengradierung, der den genannten Kriterien gerecht wird und damit einen ersten Schritt zu einer Optimierung der frauenspezifischen Laufschuhkonzeption darstellt.

Abstract:

The ever increasing number of female runners results in a rise in the number of running shoes made specifically for women. Studies investigating different shoe properties with regard to their effect on the musculoskeletal system focused mainly on male runners. It remains unclear whether running shoes for women are based sufficiently on knowledge about gender specific differences. Anatomic differences in women lead to increased laxity and less joint stability, which are considered to play a role in the development of overuse injuries. Prevention of overuse injuries and comfort issues are therefore the most important criteria for the manufacture of running shoes. The aim of the present study was to investigate gender specific differences with regard to clinical, biomechanical and anthropometrical variables in order to make a recommendation for running shoes specifically for women. The clinical examination and collection of plantar pressure and kinematic data of the lower extremity while running (12 km/h, barefoot) were conducted on 19 men and 21 women. For the anthropometric data, 847 subjects (424 women) were analyzed using a scanner which reconstructs the three-dimensional surface of the foot. Moreover, measures of the female feet were compared with a running shoe last. In addition to descriptive imaging of the results, Student’s t-tests were used to detect gender specific differences, if present. A cluster analysis was used to generate different foot types. Results of the first part of the study show an increased laxity and flexibility of the ligamentous structures and the musculature of the lower extremities. Furthermore, as a result of the greater hip adduction and the slightly increased pronation movement, women show more signs of so-called medial collapse. The kinematic results do not find expression in an increased loading of the medial foot regions. Normalized maximal vertical ground reaction forces and their slopes of the entire foot region and the lateral heel region are smaller in women. The latter show increased flexion components in all joints within the first 70 percent of stance. Results of the second part of the investigation demonstrate that female feet are more narrow and flatter than men’s feet when regarding the same foot length. Surprisingly, relative values do not confirm these findings. A cluster analysis was able to detect the reason for the mentioned discrepancy: three clusters were generated, each representing a different foot shape. The shape of the foot depends on the foot length. Shorter feet are more often voluminous, while longer feet are more likely to be narrow and flat. Since shoe sizes of short male feet correspond to the shoe sizes of long female feet, gender specific differences in sizes EU 38-40 are obvious. The distribution of the different foot types over the entire size range follows the same pattern for both men and women, with a shift of approximately three shoe sizes between genders. Sizable differences are present when comparing the female foot shape with the male lasts, which are also used for manufacturing women’s running shoes. The depicted differences, particularly with regard to width measures, depend on shoe size. This indicates that the grading of the last does not relate to the increase of width in real feet. The widths of the lasts fit the voluminous foot type, and the narrower and flatter feet are not represented sufficiently. As a result of the mentioned gender differences in the clinical and biomechanical part of the study, and with respect to injury prevention, the focus of female running shoe construction should be placed on stability features. Different concepts to increase stability are presented in this paper. The reduced body weight in females and their reduced running pace should also be accounted for in choosing the right midsole density. However, the main focus of this study is the optimization of shoe fitting, which plays an important role for both comfort and stability. To improve shoe fitting, the proportions of the female foot and the changes with increased foot length must be taken into account. Therefore, the practice of applying a male last to female feet has to be questioned. Furthermore, the grading of the last, especially for width measures, does not sufficiently reflect the different foot types. A non-linear grading pattern is recommended which reflects the grading of the dominant foot type(s) of the different shoe sizes, and is therefore able to allow a proper shoe fit for the majority of the population. The present paper includes a precise proposal for the optimization of last grading, which incorporates the mentioned relevant criteria and is therefore able to make an important step towards improving the conceptual design of female specific running shoes.

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