Inhaltszusammenfassung:
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der kognitiven Leistungsfähigkeit von Kindern mit symptomatisch-fokalen Epilepsien vor und nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff. Wichtige, in der Literatur berichtete Einflussfaktoren auf Kognition bei Kindern mit Epilepsien sind das Alter bei Anfallsbeginn, hohe Anfallsfrequenz, antiepileptische Medikation und Dauer der Epilepsie. Weitere potentielle Einflussfaktoren mit weniger klaren Befunden stellen die Ätiologie sowie die Lokalisation und Lateralisation des epileptischen Fokus bzw. der Läsion bei Kindern mit symptomatischen Epilepsien dar. Hinsichtlich des postoperativen kognitiven Outcomes kommen aus theoretischen Überlegungen und aufgrund empirischer Befunde dem Anfallsoutcome, dem Alter bei Operation, der Länge des Nachuntersuchungszeitraums, dem Ausmaß der Resektion, der Dauer der Epilepsie vor dem Eingriff sowie der postoperativen Medikation eine besondere Bedeutung zu.
105 Kinder unter 16 Jahren wurden präoperativ und ein halbes sowie zwei Jahre postoperativ mit altersadäquaten Entwicklungs- bzw. Intelligenztests untersucht. Mittels Varianzanalysen wurden Gruppenunterschiede zwischen den verschiedenen Altersstufen, zwischen Kindern mit unterschiedlichen Ätiologien, Resektionsorten, frühem vs. späterem Anfallsbeginn, Mono- vs. Polytherapie, täglichen vs. nicht-täglichen Anfällen und unterschiedlichem Anfallsoutcome analysiert. Die Dauer der Epilepsie wurde als Kovariate berücksichtigt.
Der präoperative Intelligenzquotient wurde von einem frühen Alter bei Beginn der Epilepsie sowie von medikamentöser Polytherapie negativ beeinflusst. Kinder mit Tumoren zeigten sich kognitiv weniger beeinträchtigt als Kinder mit anderen Ätiologien. Ein Zusammenhang zwischen hoher Anfallsfrequenz und niedrigerem kognitivem Niveau deutete sich an, wurde aber von Effekten der medikamentösen Therapie überlagert.
Für die Gesamtgruppe wurde nach dem epilepsiechirurgischen Eingriff eine signifikante Verbesserung des IQs gefunden, die erst im mittelfristigen postoperativen Verlauf evident wurde. Das beste kognitive Outcome erzielten die Kinder, die nicht nur vollständig anfallsfrei waren, sondern zusätzlich auch keine epilepsietypischen Potentiale (ETPs) im postoperativen Routine-EEG aufwiesen. Dieser Effekt war besonders markant bei Kindern mit besonders hoher Anfallsbelastung vor der Operation. Kinder, die zum Zeitpunkt der Operation jünger als drei Jahre alt waren, zeigten einen Verlauf mit frühen Verlusten und mittelfristigen bedeutsamen Zugewinnen, der in den anderen Altersgruppen nicht beobachtet wurde.
Die vorliegenden Daten sprechen für eine günstige Prognose für die mittelfristige kognitive Entwicklung von Kindern nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff. Eine "Normalisierung" präoperativ gestörter Entwicklung ist nicht zu erwarten. Es bedarf weiterer Untersuchungen an homogenen Kollektiven von Kindern mit unterschiedlichen Ätiologien, Resektionsorten und Altersstufen, um relevante Einflussfaktoren genauer zu untersuchen. Zur endgültigen Bewertung der längerfristigen Prognose fehlen Untersuchungen an Erwachsenen, die im Kindesalter epilepsiechirurgisch behandelt wurden.
Abstract:
This study deals with cognitive development in children with medically intractable symptomatic focal epilepsies before and after epilepsy surgery. Important factors influencing cognition in children with epilepsy are age at seizure onset, seizure frequency, antiepileptic medication and duration of epilepsy. Other potential factors whose impact on cognition is less well established include aetiology, localization and lateralization of the epileptic focus or lesion. Concerning cognitive outcome after epilepsy surgery, seizure control, age at surgery, length of follow-up, extent of resection, duration of epilepsy before surgery and postoperative medication are considered main influencing factors.
105 children who were younger than 16 years at surgery were assessed preopera-tively and six and 24 months after surgery with age appropriate developmental or intelligence tests. Group differences were analyzed between different age groups, aetiologies, localization of resection, early vs. later seizure onset, mono- vs. polytherapy, daily vs. not daily seizures and seizure outcome. Duration of epilepsy was included as a covariate.
Preoperative IQ was significantly negatively influenced by early age at seizure onset and polytherapy. Children with tumours were less affected than children with other aetiologies. A tentative relationship between high seizure frequency and low cognitive level was masked by effects of polytherapy.
After epilepsy surgery there was an increase in IQ for the group that reached statistical significance in the longer term (between first and second postoperative assessment). The best outcome was seen in the group of children who were seizure free and had no epileptiform acitivity in routine EEG. This effect was pronounced in children with very high preoperative seizure frequency. Children younger than three years at surgery showed a developmental trajectory with early losses and later substantial gains in IQ that was not seen in the other age groups.
The data suggest a favourable prognosis for cognitive development after paediatric epilepsy surgery, at least for a follow-up period of two to three years. "Normalization" of preoperatively impaired cognitive development can't be expected. Further studies in homogeneous groups of children with different aetiologies, localization of resection and age groups are needed to further explore factors impacting postoperative cognitive development. Long-term prognosis requires studies of adults who underwent epilepsy surgery in childhood.