| Autor(en): | Hägele, Ulrich |
| Moderation: | Hägele, Ulrich |
| Technik: | Lauble, Selina |
| Sendedatum: | 2025-10-26 |
| Weitere Ausstrahlungen: | 2025-10-31 |
| Länge: | 01:00:00 |
| Programmplatz: | Microeuropa |
| Archiv-Nr.: | 646 |
| Thema: | Die Planungen zu Stuttgart 21 hatten schon in den Neunzigerjahren begonnen. Den Kopfbahnhof des Architekten Paul Bonatz aus den 1910er Jahren wollte man zu einem unterirdischen Durchgangsbahnhof ausbauen. Lange Zeit tat sich nicht viel, ja 1999 stoppte Bahnchef Johannes Ludewig das Projekt, es sei zu groß und einfach zu teuer. Letztlich war es dann eine politische Entscheidung von Land und Bund, Stuttgart 21, doch noch zu realisieren. Der neue Bahnhof sollte 2,6 Milliarden Euro kosten und umfasste auch den Neubau der Strecke nach Ulm. Von Beginn an taktierten die Beteiligten Behörden und die Bahn mit der berühmten Salamitaktik. Denn rasch stellte sich heraus, dass die ursprünglich 2,6 Milliarden nie und nimmer reichen würden. Bei Baubeginn im Februar 2010 waren es schon 4,1 Milliarden. Vielen war nicht klar und es wurde auch kaum kommuniziert, dass der alte Bahnhof nur noch als Hülle stehen bleiben würde. Architekt Christoph Ingenhoven hatte dem Projekt mit seinem Entwurf den Stempel aufgedrückt. Außer der großen Halle und dem Turm sollte – wie es sich für den Beobachter erst nach und nach herausstellte – alles weichen. Ebenso wenig war vielen klar, dass der Schlossgarten – das Naherholungsgebiet in der Innenstadt – über viele Jahre eine riesige Baustelle sein würde, die wie ein monumentaler Riegel den Alltag im Stuttgarter Kessel prägt und die Lebensqualität entsprechend beeinträchtigt. Von den ewigen Verkehrstaus, Störungen im S-Bahn-Netz sowie im Nah- und Fernverkehr der Bahn gar nicht zu sprechen. Für Bahngäste ausgesprochen ärgerlich sind aber die langen Umwege zu den Bahnsteigen, die seit mittlerweile über zehn Jahren in Kauf genommen werden müssen. Eine direkte Verbindung von den Bahnsteigen zur S-Bahn ist ebenfalls nicht mehr vorhanden. Gegen Stuttgart 21 formierte sich der Widerstand erst relativ spät – denn man hatte nicht mehr damit gerechnet, dass das Projekt wider besseres Wissen realisiert werden würde. Als im Zuge der Salamitaktik herauskam, dass ein Großteil der alten Platanen im Schlossgarten gefällt werden würde, platzte der Knoten des Widerstands. Der Kampf gegen Stuttgart 21 ging in seine erste heiße Phase. Bereits seit 2009 hatten regelmäßig Montagsdemonstrationen auf dem Platz vor dem Nordausgang stattgefunden. Der Protest eskalierte schließlich am 30. September 2010. Die Polizei setzte gegen friedliche Demonstrant*innen – darunter viele Kinder, Schulklassen und ältere Menschen – Wasserwerfer, Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Viele Hundert wurden dabei verletzt, manche schwer. Ein Mann erblindete, nachdem ihn ein Wasserstrahl im Gesicht getroffen hatte. Unklar war zunächst die Rolle der Landesregierung unter Ministerpräsident Stefan Mappus, der offenbar am Tag zuvor den Einsatzplan der Polizei gebilligt haben soll. Später gab es einen Untersuchungsausschuss dazu und die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelte wegen uneidlicher Falschaussage gegen Mappus. Am Tag darauf, am 1. Oktober 2010, organisierte das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 eine Groß-Demo im Schlossgarten. CampusFunk-Reporter Ulrich Hägele schnappte sein Aufnahmegerät und stand bald in einer riesigen Menge von Demonstrierenden – laut Veranstalter sollen es über 100.000 Menschen gewesen sein. 15 Jahre später, im Herbst 2025 ist Stuttgart 21 ist trotz aller Beteuerungen der Bahn immer noch nicht fertig und auch die Kosten sind total aus dem Ruder gelaufen. Deshalb ist es an der Zeit in einer Audio-Dokumentation, nochmal zurückzublicken auf die große Kundgebung am 1. Oktober 2010 im Stuttgarter Schlossgarten. |
| Klassifikation: |
Geschichte Gesellschaft Politikwissenschaft |
| Aufnahmedatum: | 2025-10-10 |
| Form: | Live-Aufzeichnung, geschnitten |
| Zitierfähiger Link (URI): | http://hdl.handle.net/10900/171679 |
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