Inhaltszusammenfassung:
Infektionen bei Frühgeborenen sind sehr häufig und haben oft schwerwiegende
Folgen. Das führt dazu, dass Antibiotika bei Frühgeborenen zu den am häufigsten
eingesetzten Medikamenten zählen. Seit einiger Zeit gibt es aber deutliche Hinweise
darauf, dass Antibiotika neben den gewünschten antibakteriellen Eigenschaften im
Falle von Infektionen auch negative Effekte auf die langfristige Gesundheit haben
können. Diese sind wahrscheinlich über eine Beeinflussung des Mikrobioms vermittelt.
Wie die meisten anderen Organe auch, reift das Immunsystems des Neugeborenen
nach der Geburt zunächst noch aus. Dies ist ein komplexer Vorgang, welcher durch
viele verschiedene Faktoren beeinflusst wird. So scheint auch das Mikrobiom eine
Rolle bei der Immunreifung zu spielen. Ziel der vorliegenden Dissertation war es, die
Hypothese zu überprüfen, dass eine frühe postnatale Antibiotikatherapie bei
Frühgeborenen die Entwicklung des Immunsystems beeinträchtigt. Als Maß für die
Immunentwicklung wurde hier die Immunantwort auf die ersten drei 6+1 Impfungen
herangezogen.
In einer klinischen Longitudinalstudie wurden Frühgeborene mit Gestationsalter
zwischen 24 0/7 und 31 6/7 SSW mit und ohne Antibiotikatherapie in der ersten
Lebenswoche rekrutiert. Bei diesen Kindern wurden Blutproben zwei Wochen nach
Geburt sowie mit korrigiert vier Monaten entnommen und auf Impftiter gegen B.
pertussis und H. influenzae B untersucht. Zum Zeitpunkt der zweiten Blutentnahme
hatten die untersuchten Kinder die ersten drei Dosen der Grundimmunisierung der
6+1-Impfung erhalten. Die Werte der ersten Blutentnahme dienten als Kontrolle um zu
zeigen, dass sich die Impftiter, welche der Leihimmunität der Mutter entsprechen, nicht
unterscheiden. Eine genauere Analyse der Daten fand nicht statt.
Die Untersuchungen der Impftiter zeigten, dass Frühgeborene mit einer postnatalen
antibiotischen Therapie signifikant niedrigere Impftiter aufwiesen als Frühgeborene,
welche nicht antibiotisch behandelt wurden. Dies traf nicht nur auf sehr unreife
Frühgeborene mit einem Gestationsalter zwischen 24 und 28 SSW zu, sondern auch
auf ältere Frühgeborene mit einem Gestationsalter zwischen 28 und 32 SSW.
53
Außerdem zeigte sich, dass die Dauer der Antibiotikatherapie einen Einfluss auf die
Höhe der Impftiter hatte. Andere Faktoren wie Geschlecht, vorzeitiger Blasensprung
(VBS), Mehrlingsschwangerschaft, Geburtsgewicht und Gestationsalter spielen
wiederum keine entscheidende Rolle. Die darüber hinaus geplanten
Mikrobiomanalysen mussten aufgrund technischer Probleme leider entfallen.
Die vorliegenden Ergebnisse erhärten die Hypothese, dass eine frühe, postnatale
Antibiotikatherapie die Immunreifung Frühgeborener nachhaltig stört. Basierend auf
den Ergebnissen dieser Pilotstudie wurde eine Hauptstudie geplant und bereits
begonnen, in der die Antibiotika-Mikrobiom-Interaktionen am Lebensanfang
umfassender untersucht werden sollen. Die Ergebnisse dieser Studie können dazu
beitragen, die Mechanismen, die zu einer gestörten Immunentwicklung bei
Neugeborenen führen besser zu verstehen und so in Zukunft möglicherweise neue
präventive Ansätze zu entwickeln, um die Immunantwort bei Neu- und Frühgeborenen
zu verbessern.