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Ziel der vorliegenden Studie war die Implementierung einer offenen Türkonzeption an zwei Standorten mit insgesamt vier Akutstationen zu evaluieren. Hierzu wurden quantitative Maße zu Türöffnungszeiten, die Anzahl unfreiwilliger Behandlungstage mit offenen Türen sowie die Häufigkeit aggressiver Zwischenfälle, Selbstverletzungen, unerlaubter Entweichungen von Station, Suizidversuche und Zwangsmaßnahmen erhoben. Darüber hinaus wurden Fokusgruppen, jeweils zu Beginn und zum Ende der Interventionsphase auf allen teilnehmenden Akutstationen durchgeführt. Inhalt der Fokusgruppen waren Aspekte von Kommunikation, Akzeptanz, Stigmatisierung, Atmosphäre, Autonomie und Sicherheitsempfinden, die in nach Personal und Patienten getrennten Gruppen mit Hilfe eines semistrukturierten Interviewleitfadens erfragt und inhaltsanalytisch ausgewertet wurden. Es konnte gezeigt werden, dass es möglich ist, psychiatrische Akutstationen mit offenen Türen zu führen, ohne dabei gesteigerte Risiken einzugehen. Alle teilnehmenden Stationen konnten mit Beginn des Projekts häufiger offen geführt werden, insbesondere die Interventionsstationen.
Als häufigste Begründungen für den Türschluss wurden mangelnde Absprachefähigkeit, Suizidalität und Desorientiertheit genannt. Bei Patienten mit einer Diagnose aus dem schizophrenen Formenkreis ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, mit der Diagnose einer affektiven Störung hingegen ist die Wahrscheinlichkeit am geringsten, auslösend für einen Türschluss zu sein.
Im Rahmen der Fokusgruppen zeigte sich, dass der Intervention vorangehende Befürchtungen wie ein geringeres Sicherheitsempfinden sich auch subjektiv nicht bewahrheitet. Stigmatisierung schien für die Patienten in Hinblick auf den Türstatus keine konkrete Rolle zu spielen, eher hinsichtlich des Ansehens der Psychiatrie im Allgemeinen. Sowohl Patienten als auch Personal wünschen sich nicht eine Durchsetzung der Türöffnung zulasten einzelner Patienten, die alternativ fixiert oder isoliert werden müssten. Nichts desto trotz fühlten sich viele Patienten einer geschlossenen Station in ihrer Freiheit eingeschränkt und entmündigt, da ein Verlassen der Station zunächst erfragt werden muss. Sowohl bei Patienten, als auch Personal bestand die Befürchtung, dass die fortlaufende Beaufsichtigung der offenen Tür Kapazitäten von anderen Aufgaben abziehen würde. Es zeigte sich jedoch auch, dass die Tatsache die Tür nicht ständig öffnen und wieder schließen zu müssen für das Personal entlastende Aspekte mit sich brachte. Insgesamt wurde deutlich, dass sich im Zuge der Türöffnung auch Einstellungen insbesondere auf Seiten des Personals änderten, wenngleich das Meinungsbild über alle Stimmen hinweg ein heterogenes war. |
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