Inhaltszusammenfassung:
Die Langerhanszell-Histiozytose (LCH) ist eine seltene Erkrankung, die sämtliche Organsysteme betreffen kann, darunter am häufigsten das Skelett, die Haut und die Hypophyse. Die Ätiologie ist bis heute nicht vollkommen geklärt. Verschiedene Krankheitsverläufe sind möglich. Dabei reicht das Spektrum von vollkommen asymptomatischen Knochenläsionen, welche auf aus anderen Gründen angefertigten Röntgenbildern inzidentell auffallen, über symptomatische Läsionen mit selbstlimitierender Ausheilung bis zu einem schweren Multiorganbefall mit Todesfolge. Es werden Hoch- (Leber, Milz und hämatopoetisches System) von Niedrigrisiko - Organen (Haut, Knochen, Lymphknoten, Hypophyse) differenziert, wobei die Hochrisikoorgane für einen schwerwiegenden Krankheitsverlauf prädisponieren. Unter „special sites“ Läsionen versteht man die Beteiligung kraniofazialer Knochen sowie die Beteiligung der Schädelbasisknochen mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Diabetes insipidus oder neurodegenerativer Veränderungen. Das Vorhandensein einer „special site“ Läsion impliziert daher bereits eine Systemtherapie. Auf Grund der unzureichenden Datenlage zur Ganzkörper-MRT (GK-MRT) bei der LCH-Diagnostik wird von der AWMF aktuell der Skelett-Röntgen-Status mit all seinen projektionsradiographischen Nachteilen empfohlen. Diese sind unter anderem, dass erst ca. 50% der Knochenstruktur zerstört sein müssen, bevor eine lytische Läsion im Röntgenbild erkennbar wird. Auch hat die Projektionsradiographie Probleme mit knöchernen Überlagerungen insbesondere an der Schädelbasis, an der Wirbelsäule sowie im Becken- und Schulterskelett. Eine empfohlene Verlaufskontrolle 6 Wochen nach Therapiebeginn zur Evaluation des Therapieansprechens erscheint mittels Projektionsradiographie insuffizient, da Ausheilungszeichen erst nach 3-4 Monaten zu erwarten sind. Ziel dieser retrospektiven Auswertung von 30 Kindern und Jugendlichen mit histologisch gesicherter LCH vor Therapieeinleitung war daher die Untersuchung des Stellenwerts der GK-MRT mittels STIR-Sequenzen bei Stratifizierung einer LCH bei Kindern und Jugendlichen. Weitere zu überprüfende Hypothesen waren u.a., dass die GK-MRT auch bei kleinen Kindern in guter Qualität ohne Narkose durchführbar ist und ob die detektierten Befunde durch physiologische Knochenmarkveränderungen beeinflusst werden.
Mit der GK-MRT konnten zahlreiche neue skelettale und drei extraskelettale Manifestationen (davon 2 bioptisch verifiziert) nachgewiesen werden. 5 asymptomatische „special site“ Läsionen wurden detektiert. Bei 9 von 30 Patienten wäre es zu einer Änderung der Stratifizierung durch die GK-MRT gekommen. Dabei ergaben sich keinerlei Probleme in Körperregionen mit knöcherner Überlagerung oder bei der Detektion von Läsionen in „special site“ Lokalisation wie sie bei der Projektionsradiographie vorliegen. Auch kam es zu keiner Beeinträchtigung durch physiologische Befunde. Mit dem Angebot während der MRT-Untersuchung ein Elternteil mit im Raum zu haben und/oder einen Videofilm zu schauen bzw. Musik zu hören gelang es, dass Narkosen nur bei Kindern im Alter von 0,4 - 3,1 Jahren notwendig waren (insgesamt bei 10/30 Patienten). Es zeigte sich, dass mit der GK-MRT eine vielseitige und strahlenfreie Methode der Schnittbilddiagnostik zur Verfügung steht, die es ermöglicht in einer Untersuchung sowohl die lokale als auch systemische Ausbreitung einer LCH zu evaluieren. Gleichzeitig ist die GK-MRT sensitiver bei der Detektion von Knochenläsionen als der aktuelle Goldstandard Skelett-Röntgen-Status. Die Ergebnisse sollten in weiteren retro- und prospektiven Studien weiter evaluiert werden.