Inhaltszusammenfassung:
In der vorliegenden Studie untersuchten wir die Veränderung der Response Inhi-bition, einer Unterfunktion der Inhibitionskontrolle, durch eine (teil-)stationäre psychosomatische Behandlung in der Abteilung Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Tübingen, in Zusammenhang mit emotionalen Inhalten. Wir konnten zunächst 121 Patient*innen zum Zeitpunkt T0 in die Studie einschließen, von denen 18 aber aufgrund unzureichender Mitarbeit zu einem der Messzeitpunkte ausgeschlossen werden mussten, so dass wir schließlich Daten von 101 Patient*innen zum Messzeitpunkt T0 (Aufnahme) und von 57 Patient*innen zum Messzeitpunkt T1 (Entlassung) in die Analyse ein-schließen konnten. Die Untergruppe der Patient*innen mit Depressionen wurde, als größte Untergruppe, ein Jahr nach der Entlassmessung T1 erneut gemes-sen. Hier nahmen 22 Patient*innen teil, von ursprünglich 41 Patient*innen mit Depressionen zum Zeitpunkt T0 und 28 Patient*innen mit Depressionen zum Zeitpunkt T1. Die Untersuchung der Response Inhibition erfolgte mittels eines Emotional Stop Signal Tasks, bei dem die Patient*innen wütende oder neutrale Gesichter zu sehen bekamen und schnellstmöglich nach Erscheinen eines Bil-des die Leertaste drücken sollten, aber nicht, wenn um ein Bild ein gelber Rah-men erschien. Dann sollte eine Antwort unterdrückt werden. Die Studie konnte für die Gesamtgruppe einen signifikanten Unterschied in der Stop Signal Reac-tion Time (SSRT), also der Zeit, in der nach einem Stoppsignal noch fälschli-cherweise gedrückt wurde, zeigen. Dieser Unterschied bestand sowohl zu den Messzeitpunkten T0 und T1 zwischen wütenden und neutralen Gesichtern, als auch zwischen T0 und T1 für wütende Gesichter. Die SSRT war für neutrale Gesichter in allen Messungen höher als für wütende Gesichter. Für die Unter-gruppe der Patient*innen mit Depressionen zeigte sich zwischen T0 und T1 kein signifikanter Unterschied, jedoch zwischen den Messzeitpunkten T0 und T2. Diese Ergebnisse sind passend zu denen vorheriger Studien, die bei Pati-ent*innen mit psychosomatisch-psychiatrischen Erkrankungen im Gegensatz zu gesunden Proband*innen ebenfalls eine höhere SSRT für neutrale als für wüten-de Gesichter zeigen konnten. Die Verbesserung der SSRT über die Zeit könnte einen Effekt der Therapie zeigen. Möglicherweise aufgrund der kleinen Unter-gruppengrößen konnten wir keine signifikanten Unterschiede zwischen den ein-zelnen Gruppen feststellen. Für Alter, Geschlecht und Medikation zeigte sich kein signifikanter Einfluss auf die ESST-Parameter. Weitere Untersuchungen, zum Beispiel mit einer Kontrollgruppe, sind nötig, um die Ergebnisse genauer einordnen und mögliche klinische Konsequenzen daraus ableiten zu können.