Inhaltszusammenfassung:
Selbst unter sorgfältig kontrollierten Bedingungen ist die Trainingsreaktion von verschiedenen Personen auch auf völlig standardisierte Trainingsprogramme bemerkenswert heterogen und die Prognose des Trainingsansprechens anhand von Kandidatengenen zeigt in bisherigen Studien nur einen begrenzten Vorhersagewert (Bouchard, 2012). Auf Grund der gesundheitsfördernden Wirkung von körperlichem Training auf kardiovaskuläre, metabolische und muskuläre Pathologien, ist die Identifizierung möglicher Ansätze, die individuelle Trainingsreaktion auf ein bestimmtes Trainingsprogramm zu prognostizieren, medizinisch in hohem Maße relevant.
Die vorliegende Studie soll dazu beitragen, sich diesem Ziel zu nähern. Sie zielt darauf ab, neue prognostische Marker zu ermitteln, indem sie spezifische miRNA-Spezies in der Skelettmuskulatur identifiziert, die gute Kandidaten für individualisierte Trainings-Biomarker sein könnten. Auf Grund der Funktion dieser kleinen, nichtkodierenden RNAs bei der Entwicklung, Plastizität und trainingsinduzierten Adaptation der Skelettmuskulatur liegt ihre potenzielle Eignung als Biomarker in diesem Kontext nahe. In der vorliegenden Arbeit wurde das miRNA-Profil der Skelettmuskulatur nach einer akuten moderat-intensiven Ausdauerbelastung analysiert und die Veränderung der miRNA-Expression mit der Veränderung der Ausdauerleistungsfähigkeit, insbesondere den individuellen Veränderungen der maximalen Sauerstoffaufnahme (V̇O2max) in Antwort auf ein mehrwöchiges hochintensives Intervall- (HIIT) oder moderat-intensives kontinuierliches Training (MICT), korreliert. Zunächst wurden die Skelettmuskel¬biopsien von sechs weiblichen Testpersonen mittels Affymetrix-Mikroarray-Technik analysiert, da diese Technologie ein schnelles, umfassendes und unvoreingenommenes Screening auf nahezu alle bis dato bekannten miRNAs ermöglicht. Hierdurch wurden 2592 reife miRNA-Spezies identifiziert, von denen 55 eine differenzielle Expression um den Faktor ≥ 4,5, welcher als Schwellenwert für die Fold change gesetzt wurde, zeigten. In nachfolgenden quantitativen Polymerase-Kettenreaktionen (qPCR) wurden die miRNAs miR 15a 5p, miR 18a 5p, miR 19b 3p, miR 132 3p, miR 155 5p, miR 199a 3p, miR 199a 5p, miR 497 5p, miR-4330, miR-4743-5p und miR 7151-3p in einer größeren Kohorte von Studienteilnehmerinnen (n = 29) weiterführend analysiert, da diese miRNA-Spezies in der Mikroarray-Untersuchung eine starke Korrelation (r = ≥ 0,7 bzw. r = ≤ -0,7) mit der V̇O2max, die sich nach dem ersten sechswöchigen Trainingsblock zeigte, aufwiesen. Des Weiteren wurden die muskelspezifischen miRNAs miR-1-3p, miR 133a-3p/ 5p, miR-133b und miR 499a-5p sowie die miRNA-Spezies miR 23a 5p, miR-27a-3p und miR 378a-5p auf Grund ihrer funktionellen Bedeutung in der trainingsinduzierten Anpassung der Skelettmuskulatur in die qPCR-Experimente eingeschlossen. In den Korrelationsanalysen konnte der Einfluss des miRNA-Akutmusters dann auf die physiologische Anpassung zweier unterschiedlicher Trainingsmodalitäten (HIIT vs. MICT) verglichen werden. Auf Grund der Korrelation mit der Veränderung der physiologischen Parameter nach Abschluss des ersten Trainingsblocks kristallisierten sich miR-199a-3p und miR-199a-5p als potenzielle Prädiktoren für das Trainingsansprechen auf ein hochintensives Ausdauertraining heraus, wohingegen miR-19b-3p ein interessanter Kandidat als Biomarker für die physiologische Trainingsreaktion auf ein moderat-intensives Training darstellt. Im Anschluss an den ersten sechswöchigen Trainingsblock führten die Teilnehmerinnen das entsprechend andere, vorher nicht absolvierte Trainingsprogramm (HIIT respektive MICT) für weitere sechs Wochen durch. Trotz vergleichbarer Fitnesszunahme beider Gruppen nach Beendigung des insgesamt zwölfwöchigen Trainings zeigten sich unterschiedliche Beziehungen zwischen der Veränderung der physiologischen Parameter und dem miRNA-Akutmuster. In zukünftigen Studien muss daher die Frage beantwortet werden, ob es sich bei diesen Korrelationen um tatsächlich vorhandene oder um zufällig entstandene Beziehungen, möglicherweise auf Grund der geringen Probandinnenanzahl, handelt. Hierfür sollte das miRNA-Akutmuster weiterführend in größeren Kohorten analysiert werden, die sich im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Trainingsstatus und der durchgeführten Trainingsmodalitäten unterscheiden. Des Weiteren sollten neben miRNAs weitere potenzielle molekulare Marker der Trainingsanpassung, wie beispielsweise das Genexpressionsprofil oder das Phosphorylierungsmuster verschiedener Proteine, in die Analyse miteingeschlossen werden.