Inhaltszusammenfassung:
Mitarbeitende in Gesundheitsberufen weisen eine hohe berufsbedingte Stressbelastung auf. Zusätzlich können Erlebnisse und Ereignisse im Ar-beitsalltag psychisch traumatisierend wirken. Insbesondere Ärzte und Mitar-beitende in Rettungsberufen zeigen daher in Studien erhöhte Werte für psy-chische Traumatisierung, die oft als „sekundäre Traumatisierung“ bezeichnet werden. Neben anderen psychologischen Faktoren gilt Humor, oft definiert als Eigenschaft, Alltagswidrigkeiten mit heiterer Gelassenheit zu begegnen, hier-bei als hilfreicher Copingfaktor. Mehrere Studien belegen inzwischen einen protektiven Effekt von Humor in Bezug auf sekundäre Traumatisierung. Schlecht untersucht ist jedoch bislang die subjektive Bedeutung von Humor in Gesundheitsberufen.
In der vorliegenden Arbeit wird daher die Hypothese untersucht, dass Humor als Coping Mechanismus benutzt werden kann. Es wird auch untersucht, wel-che weiteren positive Effekte Humor aufweist und ob sich die Art von Humor im Gesundheitswesen von dem Humor außerhalb dieses Sektors unterschei-det.
Hierfür wurde ein Fragebogen konzipiert, der zwei etablierte psychologische Fragebögen, die Coping Humor Scala und den PTSS-10, beinhaltet und dar-über hinaus selbst entwickelte Fragen auflistet. Es wurden drei Kohorten un-tersucht: Ärzte (160 Befragte), Mitarbeiter des Rettungsdienstes (100 Befragte) und Medizinstudenten (138 Befragte).
Ein Wert von 18 bis 22 Punkten im CHS lässt auf einen durchschnittlichen Ge-brauch von Humor als Copingmechanismus schließen, bei über 22 Punkten wird von einem überdurchschnittlichen Gebrauch gesprochen. In der vorlie-genden Befragung erreichen Ärzte einen Mittelwert von 19,84 (Standardab-weichung 3,94), Mitarbeitende im Rettungsdienst einen Mittelwert 20,81 (Standardabweichung 2,98) und Medizinstudierende einen Mittelwert von 20,12 (Standardabweichung 3,59).
In der ärztlichen Kohorte zeigt sich eine signifikante positive Korrelation von Alter und CHS-Gesamtwert, sowie Jahre der Berufserfahrung und CHS-Gesamtwert.
Die erreichte Summe aller Punkte im PTSS-10 legt den Verdacht auf eine vor-liegende Belastungsstörung nahe (Werte ab 24 Punkten) oder gilt als bewei-send für die Diagnose (Werte ab 35 Punkten). Im Mittel erreichen die befrag-ten Ärzte eine Summe von 23,96 Punkten (Standardabweichung 9,28), Mitar-beiter im Rettungsdienst 20,87 Punkte (Standardabweichung 9,46) und Medi-zinstudenten 25,09 Punkte (Standardabweichung 10,30).
Insgesamt 66 Befragte erreichen im PTSS-10 Fragebogen einen Wert 35 Punkten und erfüllen somit sehr wahrscheinlich die Diagnosekriterien einer posttraumatische Belastungsstörung.
Innerhalb der ärztlichen Kohorte zeigt sich erneut eine signifikante, dieses Mal jedoch negative Korrelation zwischen PTSS-10 Gesamtwert und Alter, sowie PTSS-10 Gesamtwert und Dauer der Tätigkeit in Jahren.
In den selbst entwickelten Items schreibt in allen Kohorten die weit überwie-gende Mehrzahl der Teilnehmer Humor eine hohe bis sehr hohe subjektive Bedeutung zu. Auch schwarzer Humor hat hierbei eine bedeutsame Funktion.
Der aus der Literatur vorbekannte Zusammenhang zwischen Humor und Traumatisierung, vornehmlich die Möglichkeit, durch Humor die negativen Folgen einer (sekundären) Traumatisierung zu reduzieren, lässt sich durch diese Arbeit bestätigen: Humor wird von der Mehrheit der Befragten als Hilfs-mittel gesehen, um mit belastenden Situationen besser umgehen zu können, viele der Befragten nutzen Humor schon aktiv als Coping Mechanismus und viele haben bereits die Erfahrung machen können, dass Humor stressige Si-tuationen entspannt.
Eine Mehrheit der Befragten stimmte den Aussagen zu, dass Humor den Gruppenzusammenhalt stärkt, die Verarbeitung des Erlebten erleichtert, den Zugang zum Patienten erleichtert und auch das Lernen positiv beeinflusst. Auch der Aussage, dass sich Humor im Gesundheitswesen von Humor au-ßerhalb des Gesundheitswesens unterscheidet, wurde mehrheitlich zuge-stimmt.
Die Limitationen dieser Arbeit liegen auf der einen Seite in der Auswertung der Daten. Eine statistische Auswertung der selbstentwickelten Fragen würde die Validität der Daten verbessern und den Zusatznutzen von Humor noch deutlicher hervorheben. Weiter sind die drei untersuchten Kohorten sehr hete-rogen in ihrer Zusammenstellung (Alter, Arbeitsalltag, Vorerfahrungen). Weiter gibt es differenziertere Fragebögen bezüglich Coping Mechanismen, welche noch mehr Informationen über persönliche Umstände berücksichtigen und möglicherweise eine genauere Aussage zu dem Einsatz und dem Erfolg von Coping Mechanismen zulassen.
Diese Promotionsarbeit bietet valide Anhaltspunkte für den Nutzen von Humor als Coping Mechanismus, vor allem in fordernden, sozialen Berufen. Es konn-te auch die Belastung der Mitarbeitenden gezeigt werden und bietet somit ei-ne Grundlage für weitergehende Forschung. Auch eine Implementierung von Humor in den Ausbildungsplan von sozialen Berufen ist ein möglicher nächs-ter Schritt. Die Fragestellung der Promotionsarbeit soll für andere Fachberufe im Gesundheitswesen verfolgt werden, um den Menschen ein wirksames Werkzeug gegen berufliche Belastung an die Hand geben zu können.