Evaluierung eines Curriculums zur Motivierenden Gesprächsführung im Blended Learning Format

DSpace Repositorium (Manakin basiert)


Dateien:

Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/153356
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1533567
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-94695
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2024-05-15
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Herrmann-Werner, Anne (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2024-03-08
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Freie Schlagwörter: Motivierende Gesprächsführung, MG
Blended Learning
Motivational Interviewing, MI
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
Zur Langanzeige

Inhaltszusammenfassung:

Ungesunde Lebensweisen und Gewohnheiten können langfristig zu chronischen Krankheiten führen (Hu & Willett, 2002; Vainio et al., 2002) und belasten somit die Betroffenen selbst wie auch das Gesundheitssystem. Durch kurzzeitig wirkende Belohnungseffekte ist eine Änderung des ungesunden Verhaltens schwierig und die Betroffenen verspüren oft eine hohe Ambivalenz. Die Motivierende Gesprächsführung ist eine effektive Gesprächsmethode, die in den Betroffenen die intrinsische Motivation in Richtung einer langfristigen Verhaltensänderung bestärken kann (Miller & Rollnick, 2002). Ihre Wirksamkeit wurde in großen Übersichtsarbeiten beispielsweise bei Suchterkrankungen (Smedslund et al., 2011; Burke et al., 2004; Burke et al., 2003; Dunn et al., 2001) und Essstörungen (Macdonald et al., 2012; Westra et al., 2011; Hettema et al., 2005) sowie in weiteren Studien zu chronischen Krankheiten (Rubak et al., 2009; Naar-King et al., 2008) und Schmerzstörungen (Habib et al., 2005) empirisch bestätigt. Aufgrund der hohen Relevanz dieser Krankheitsbilder scheint es sinnvoll, zukünftigen Ärzten und Ärztinnen Motivierende Gesprächsführung bereits im Studium näherzubringen. Die Teilnahme an Kursen zu Motivierender Gesprächsführung im Studium zeigt in einer Übersichtsarbeit Wirkung: Die Studierenden verbessern sich in ihrem Wissen und ihren praktischen Fähigkeiten in Motivierender Gesprächsführung (Kaltman & Tankersley, 2020). Das an der Universität Tübingen eingeführte Curriculum findet als Blended Learning statt. Dieses Veranstaltungsformat, eine Kombination aus Online-Materialien bzw. Kursen und Unterricht vor Ort, erweist sich in Übersichtsarbeiten als sehr erfolgreich (Vallée et al., 2020; Li et al., 2019). Die vorliegende Studie befasst sich mit der Evaluierung dieses Curriculums. Medizinstudierende der Universität Tübingen wurden nicht randomisiert einer Kontroll- und einer Interventionsgruppe zugeteilt. Die Interventionsgruppe bildeten Studierende des Semesters, in dem das Curriculum zu Motivierender Gesprächsführung neu eingeführt wurde. Die Kontrollgruppe bestand aus Studierenden des vorherigen Semesters, bei denen keine Kurse zu Motivierender Gesprächsführung angeboten wurden. Mittels Fragebogen wurde zu zwei Zeitpunkten (bei der Interventionsgruppe: vor und nach dem Curriculum) das subjektiv praktische, subjektiv theoretische und objektiv theoretische Wissen beurteilt sowie bei der Interventionsgruppe die Zufriedenheit mit dem Curriculum erhoben. Die Hypothesen über den Effekt des Veranstaltungskonzeptes konnten bestätigt werden: Es zeigten sich die erwarteten signifikanten Interaktionseffekte zwischen Gruppenzugehörigkeit (Kontroll- bzw. Interventionsgruppe) und den einzelnen abhängigen Variablen – die Interventionsgruppe verbesserte sich stärker im subjektiv praktischen (inkl. der vier Subskalen), subjektiv theoretischen und objektiv theoretischen Wissen (alle p < 0,007, alle η2 > 0,15). Die Studierenden der Interventionsgruppe gaben dem Curriculum im Durchschnitt die Gesamtnote 2,8 (M = 2,80, SD = 0,90). Am häufigsten kritisiert wurden im freien Antwortformat die (Gestaltungen der) Lehrvideos. Das Curriculum zeigte sich demnach insgesamt hinsichtlich des Lernfortschritts als sehr erfolgreich. Eine interuniversitäre Vernetzung und ein Austausch von Lehr- und Lernmaterialien wäre (auch zeitökonomisch) von großem Nutzen. Weiterhin vorstellbar und im Einklang mit Miller & Moyers (2006) wäre, den Fokus des Curriculums verstärkt auf ein tiefes Verständnis des sogenannten spirits der Motivierenden Gesprächsführung zu legen. Die vorliegende Studie weist Limitationen auf: So handelt es sich bei den verwendeten Fragebogen nicht um validierte Messinstrumente. Des Weiteren wurden die erworbenen praktischen Fertigkeiten in Motivierender Gesprächsführung in dieser Studie von den Studierenden subjektiv eingeschätzt. Eine objektivere Beurteilung der praktischen Kompetenzen in Motivierender Gesprächsführung könnte durch die Bewertung der Gespräche von Studierenden mit (Schauspiel-) Patienten und Patientinnen bezüglich einer (fiktiven) Verhaltensänderung erfolgen. Die Bewertung sollte mittels validierter Fragebogen geschehen und kann z.B. durch die Lehrenden oder aber durch die (fiktiven) Patienten und Patientinnen selbst vorgenommen werden. Es sind die tatsächlichen praktischen Fertigkeiten in Motivierender Gesprächsführung, von denen spätere Patienten und Patientinnen der Studierenden profitieren werden. Eine Überprüfung, ob und über welchen Zeitraum sich das Curriculum auch in dieser Variable als erfolgreich erweist, sollte Gegenstand zukünftiger Forschung werden. Insgesamt zeigt die vorliegende Studie, dass den Studierenden die Motivierende Gesprächsführung durch ein dreiteiliges Curriculum im Blended Learning Format erfolgreich vermittelt werden kann. Durch weitere Studien – unter anderem zu den erlernten praktischen Fertigkeiten, dem Zeitintervall bis zu einer nötigen Auffrischung des Gelernten sowie zu spezifischen Einflussfaktoren auf den Erfolg des Curriculums - und durch eine gute Zusammenarbeit der Universitäten könnte das Curriculum noch besser auf die Studierenden angepasst werden.

Das Dokument erscheint in: