Die Verarbeitung von angstassoziierten Stimuli auf neuronaler und behavioraler Ebene bei gesunden Versuchspersonen mit unterschiedlich ausgeprägter Ängstlichkeit - eine Nahinfrarotspektroskopie (NIRS)-Studie

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/151152
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1511529
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-92492
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2024-02-19
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Wildgruber, Dirk (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2024-01-24
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Im Zusammenhang mit pathologischer Angst wird in der Literatur konsistent über Aufmerksamkeitsverzerrungen in Form von verlängerten Reaktionszeiten und einer erhöhten Fehleranzahl für angstassoziierte Stimuli in emotionalen Stroop-Aufgaben berichtet, die sich bei gesunden Versuchspersonen nicht finden lassen. Doch welche neuronalen Mechanismen Aufmerksamkeitsverzerrungen zugrunde liegen, konnte noch nicht ausreichend geklärt werden. Insbesondere dem dorsolateralen präfrontalen Cortex (DLPFC) wird dabei eine Schlüsselrolle zugesprochen. So berichten fMRT-Studien über gesteigerte Aktivierungsmuster des DLPFC während emotionalen Stroop-Aufgaben bei Angstpatient*innen. Allerdings sind die Literaturergebnisse diesbezüglich noch inkonsistent, was vor allem auf methodische Aspekte zurückgeführt werden kann. Deshalb wurde im Rahmen des vorliegenden Promotionsprojekts eine Counting-eStroop-Aufgabe entwickelt, die (erstmals) drei verschiedene angstassoziierte Wortstimulusgruppen einschließt, um zukünftig Vergleiche von Menschen mit Sozialer Phobie (SAD), Panikstörung (PAD) und generalisierter Angststörung (GAD) zu erleichtern. Dabei stellt sich die Frage, ob die in der Literatur bei Angststörungen konsistent beschriebenen Aufmerksamkeitsverzerrungen für emotionale Stimuli, bereits bei gesunden hochängstlichen Menschen im Vergleich zu niedrigängstlichen Menschen auf behavioraler und neuronaler Ebene nachgewiesen werden können. Differenzielle emotionale Stroop-Effekte könnten dabei einen Hinweis dafür geben, dass sich das Paradigma als angstsensibles Messinstrument für zukünftige Studien zu Angststörungen eignet. Denn obwohl gesunde hochängstliche Menschen ein erhöhtes Risiko für den Progress in eine manifeste Angststörung aufweisen und oftmals unter vergleichbar starken Angstsymptomen leiden, beschäftigt sich die aktuelle Forschung fast ausschließlich mit Angststörungen in der maximalen Ausprägungsstärke. Die Stichprobe (N = 28) bestand aus einer hochängstlichen Gruppe und einer niedrigängstlichen Gruppe, die sich in einer Reihe von Angstfragebogenergebnissen signifikant voneinander unterschieden. Während der Counting-eStroop-Aufgabe sollten die Versuchspersonen die Anzahl der präsentierten Wortstimuli (zwei, drei- oder vier Mal das gleiche Wort) auf einem Bildschirm mittels Tastendrucks angeben, während die Reaktionszeiten, die Fehleranzahl sowie die Gehirnaktivierung des rechten und linken DLPFC mittels fNIRS gemessen wurden. Im Anschluss wurde überraschend ein Wiedererkennungstest der verwendeten Stimuli durchgeführt. ANOVAS mit Messwiederholungen ergaben keine signifikanten Stroop-Effekte in Form verlängerter Reaktionszeiten, einer erhöhten Fehleranzahl oder einer gesteigerten DLPFC-Aktivierung für angstrelevante vs. neutrale Wörter. Es zeigte sich jedoch eine signifikant bessere Wiedererkennung der PAD-Wörter im Vergleich zu den neutralen Wörtern in beiden Gruppen. Im Gruppenvergleich waren die hochängstlichen Versuchspersonen bei allen Wortbedingungen in den Reaktionszeiten signifikant schneller, bei gleichzeitig größerer Fehleranzahl. Differenzielle Stroop-Effekte ließen sich, anhand von Korrelationsanalysen, zwischen den Angstfragebogenergebnissen und den Verhaltens- und fNIRS-Daten, nicht darstellen. Mögliche Ursachen für die ausbleibenden emotionalen Stroop-Effekte werden diskutiert, wobei insbesondere methodische Aspekte, wie die Stichprobenauswahl, Gewichtung bei der Interpretation der Ergebnisse finden. So wurden zum einen ausschließlich gesunde Versuchspersonen untersucht und zum anderen angststörungsspezifische Wortstimuli verwendet, deren semantischer Bedrohungswert zu gering gewesen sein könnte. Weiter wurde ein ereigniskorreliertes Design zur Stimulus-Präsentation verwendet, bei dem, im Gegensatz zum Blocked-Design, geringere Effekte zu erwarten sind. Darüber hinaus werden in der Literatur unterschiedliche Methoden zur Erfassung von emotionalen Stroop-Effekten verwendet und bislang existieren keine festgelegten diagnostischen Kriterien für „Hochängstlichkeit“ im Unterschied zu Angststörungen. Daher unterstreicht die vorliegende Arbeit die Notwendigkeit in Studien zukünftig auf eine einheitliche Methodik zu achten. Lösungsvorschläge, wie man differenzielle Aspekte von Ängstlichkeit im klinischen, als auch subklinischen Bereich genauer ins Auge fassen könnte, werden erörtert. Insbesondere das Counting-eStroop-Paradigma könnte dabei den Weg für weitere Studien ebnen und dadurch zu einem umfassenderen Verständnis der grundlegenden Mechanismen von Ängstlichkeit beitragen.

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