Inhaltszusammenfassung:
Diese Arbeit widmete sich der Frage nach potenziellen Veränderungen der funktionellen Konnektivität der Amygdala im Ruhezustand (rsFC) vor vs. nach sozialer Exklusion und damit einhergehenden Geschlechterunterschieden.
Um die (geschlechterspezifischen) Auswirkungen sozialer Exklusion auf die Amygdala rsFC zu untersuchen, wurden Ruhezustandsmessungen (rs-fMRT) von insgesamt 76 Probanden (40 Frauen und 36 Männer) im Alter von 19 bis 34 Jahren vor bzw. nach Durchführung des Cyberball-Paradigmas, einem Ballspiel am Computer, untersucht, unter welchem der Proband im Laufe ausgeschlossen wird. Vor und nach Durchlaufen des Experimentes wurden neben der Aufnahme des Gehirns im Ruhezustand auch die Cortisol-Konzentration im Speichel und einige Stimmungsparameter der Probanden mittels Fragebögen erhoben. Die Untersuchung der rs-fMRT-Daten erfolgte durch eine regionenbasierte („seed-based“) Analyse der Amygdala auf Ganzhirnebene unter Verwendung einer mehrfaktoriellen, messwiederholten Varianzanalyse.
Während die soziale Exklusion hinsichtlich Stimmung zu einer Veränderung führte, zeigten sich für Cortisol und die Amygdala rsFC kein signifikanter Effekt des Experiments und auch keine Interaktion mit dem Geschlecht. Allerdings fanden sich allgemeine Geschlechterunterschiede sowohl in Hinblick auf Cortisol, eine höhere Konzentration bei Männern als Frauen, als auch in der Amygdala rsFC wieder: Frauen zeigten in dieser Arbeit eine stärkere Amygdala-Verbindung als Männer zu temporalen Hirnregionen (MTG, STG) sowie dem Hippocampus, Regionen, welche vor allem für die Erkennung und Verarbeitung von Gesichtsausdrücken, die Angstkonditionierung und Konsolidierung vorrangig emotionaler Gedächtnisinformationen von Bedeutung sind. Männer zeigten im Vergleich zu Frauen eine stärkere Amygdala rsFC zu parietalen Hirnregionen (IPL, IPS). Der IPL ist neben der Körperwahrnehmung, der Wahrnehmung wütender Gesichter sowie ängstlicher Körperhaltungen auch für räumlich-mathematische Fähigkeiten elementar.
Während die Ergebnisse hinsichtlich subjektiver Einschätzung und auch Cortisol erfolgreich bisherige Studien replizieren, wurde erstmals eine Veränderung der Amygdala rsFC durch soziale Exklusion untersucht, allerdings ohne signifikanten Effekt. Dies könnte durch mehrere Faktoren oder einer Kombination dieser bedingt sein. Es ist denkbar, dass Veränderungen der Amygdala rsFC und eventuell auch damit einhergehende Geschlechterunterschiede unter realen Bedingungen beziehungsweise bei einer insgesamt intensiveren und naturalistischeren Umsetzung sozialer Exklusion sowie einer rs-fMRT-Messung unmittelbar im Anschluss an die Ausgrenzungserfahrung festgestellt werden könnten. Unterstützt wird diese Überlegung von der Theorie der raschen Umverteilung neuronaler Ressourcen unmittelbar nach Stress. Auch ein Übertragungseffekt des vorher durchgeführten Tasks sollte mitberücksichtigt werden. Ebenso könnten weitere Studien Fluktuationen im weiblichen Menstruationszyklus, etwa durch hormonzyklusadaptierte Messungen, zwischen den Frauen erfassen, da diese potenziell auch die Amygdala rsFC beeinflussen können.
Soziale Exklusion stellt einen Risikofaktor für Depressionen und soziale Angststörungen dar. Da diese Erkrankungen mit spezifischen Veränderungen der Amygdala rsFC einhergehen, sich deren Prävalenz deutlich zwischen den Geschlechtern unterscheidet und Depressionen weiterhin auf dem Vormarsch sind, ist es von gesellschaftlicher Relevanz, diesem Thema weiterhin nachzugehen.
Abstract:
Social exclusion can evoke negative moods and can have a sustained negative impact on our health. The resting state functional connectivity (rsFC) of the amygdala, a central structure for processing emotions, is strongly influenced by psychosocial stress. Women and men differ in their way of processing emotions and managing situations like stress and social exclusion. It is already known that there are sex-specific differences in the amygdala rsFC. To explore the (sex-specific) effects of social exclusion on amygdala rsFC, resting-state-data was analyzed from 76 subjects (40 women and 36 men) using the Cyberball paradigm, a computerized ball tossing game in which the subject is excluded from the game. A seed-based analysis of amygdala connectivity on a whole-brain level was implemented. Before and after saliva samples for cortisol and affect ratings were collected from all subjects.
As hypothesized, social exclusion led to a significant effect on positive affect but showed no impact on cortisol or amygdala rsFC. Data analysis however, revealed general sex differences in amygdala rsFC: While women demonstrated significantly stronger rsFC between the amygdala and temporal brain regions (MTG, STG) and limbic system (hippocampus), men showed stronger coupling between the amygdala and parietal brain regions (IPL, IPS).
This is the first study to investigate the effect of social exclusion on amygdala rsFC, however, no significant effect was observed. This might be explained by several factors or a combination thereof. It is possible that changes in the amygdala rsFC and possibly also accompanying sex differences could be experimentally accessed with a more intense and naturalistic implementation of social exclusion combined with rs-fMRI measurements immediately after the exclusion experience. This is supported by the theory of a rapid reallocation of neuronal resources. A carry-over effect from the previous task should also be taken into consideration. Future studies could further implement measurements adapted to the female menstrual cycle as it is known that sex hormones can influence amygdala rsFC. Social exclusion is a potential risk factor for the development of depression and social anxiety disorders. As these disorders seem to be associated with specific changes in the amygdala rsFC, their prevalence clearly differs between the sexes, and depression disorders are still on the rise, it is of high social relevance to explore this topic further.