Induktionstherapie mit Alemtuzumab bei der Nierentransplantation von sensibilisierten Patienten – eine retrospektive Kohorten-Analyse

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/145909
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1459098
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-87250
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2023-09-25
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Guthoff, Martina (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2023-09-08
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Die Nierentransplantation ist für geeignete Patienten mit einer terminalen chronischen Nierenerkrankung die Therapieoption der Wahl. Eine Nierentransplantation führt bei einem funktionierenden Transplantat, im Vergleich zur Weiterführung der Dialyse, zu einer deutlichen Verlängerung der Lebenserwartung und zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Um eine Abstoßungsreaktion des Nierentransplantats zu vermeiden, benötigen Nierentransplantatempfänger eine lebenslange Immunsuppression, welche aus einer Induktionstherapie und einer Erhaltungsimmunsuppression besteht. Auf der Warteliste für die Nierentransplantation nimmt der Anteil der Patienten, bei denen sich schon vor der Transplantation Antikörper gegen HLA-Merkmale gebildet haben, zu. Die Ursache für die Antikörperbildung kann unter anderem in einer vorausgegangenen Transplantation, einer Schwangerschaft oder einer Bluttransfusion liegen. Diese Patienten werden als immunisiert bezeichnet. Immunisierte Nierentransplantatempfänger müssen mit einer längeren Wartezeit und somit einer Verlängerung der negativen Auswirkungen der Dialyse rechnen. Zudem haben sie ein erhöhtes immunologisches Risiko für eine akute Abstoßungsreaktion und für einen frühen Transplantatverlust. Um eine akute und chronische Abstoßungsreaktion zu verhindern, benötigen immunisierte Nierentransplantatempfänger daher eine verstärkte Immunsuppression. Die verstärkte Immunsuppression geht jedoch mit einem erhöhten Infektionsrisiko einher. Bisher gibt es noch kein einheitliches Vorgehen bezüglich der Induktions-therapie und Erhaltungsimmunsuppression immunisierter Nieren-transplantatempfänger. Einige Transplantationszentren verwenden für die Induktionstherapie den Antikörper Alemtuzumab. Alemtuzumab ist ein Antikörper, der gegen das Oberflächenprotein CD52, welches sich in hoher Anzahl auf B-Lymphozyten und T-Lymphozyten findet, gerichtet ist. Die Anwendung von Alemtuzumab führt zu einer Depletion der Lymphozyten, welche unter der Standard-Dosierung von 30-60 mg Alemtuzumab für circa ein Jahr lang anhält. Die Depletion der Lymphozyten gewährleistet einerseits einen ausreichenden Schutz vor einer Abstoßungsreaktion, andererseits geht sie mit einem erhöhten Infektionsrisiko einher. Ein bisher noch nicht geklärter Aspekt der Induktionstherapie mit Alemtuzumab ist die optimale Alemtuzumab-Dosierung, um einerseits eine ausreichende Immunsuppression zu gewährleisten und andererseits das Infektionsrisiko so niedrig wie möglich zu halten. Die vorliegende Arbeit soll die Ergebnisse eines zentrumseigenen Induktionsschemas für immunisierte Patienten nach einer Nierentransplantation bzw. simultanen Nieren-/Pankreastransplantation untersuchen, welches am Transplantationszentrum des Universitätsklinikums Tübingen seit 2007 verwendet wird. Das Induktionsschema besteht aus einer intraoperativen Gabe von Alemtuzumab in einer reduzierten Dosierung von 20 mg und einer folgenden angepassten Erhaltungsimmunsuppression. Die Erhaltungsimmunsuppression besteht initial aus dem Calcineurininhibitor Tacrolimus und Glucokortikoiden. Erst nach einer vollständigen Lymphozytenregeneration (> 200 Lymphozyten/µl) erhalten die Patienten zusätzlich Mycophenolatmofetil, welches die langfristige Triple-Erhaltungsimmunsuppression vervollständigt. Bis 2017 wurde bei insgesamt 48 Transplantationen immunisierter Patienten die Immunsuppression nach dem zentrumseigenen Induktionsschema durchgeführt. In 39 Fällen handelte es sich um eine postmortale Nierenspende. Neun Patienten erhielten eine Lebendnierenspende. In zwei Fällen wurde eine simultane Nieren-/ Pankreastransplantation durchgeführt. Der Nachbeobachtungszeitraum betrug im Median 3,3 [1,5-5,6] Jahre. Mit Blick auf die Depletion der Lymphozyten zeigte sich eine rasche Erholung der Lymphozytenzahl nach im Median 77 [62-127] Tagen. Insgesamt kam es im Nachbeobachtungszeitraum zu zwölf (25 %) in einer Biopsie bestätigten akuten Abstoßungen. Diese traten insbesondere im ersten Jahr nach der Transplantation auf. Nur vier (8,3 %) Abstoßungsreaktionen traten mit einer Latenz von mehr als einem Jahr zur Transplantation auf. Es wurden insgesamt vierzehn (29,2 %) Transplantatverluste verzeichnet, wobei es sich in fünf (10,4 %) Fällen um einen Tod mit funktionierendem Transplantat handelte. Weitere Ursachen für den Transplantatverlust waren unter anderem eine Infektion und die eingeschränkte Organqualität eines Transplantats. In sechs Fällen (12,5 %) war die Ursache des Transplantatverlustes eine Abstoßungsreaktion. Fünf Jahre nach der Transplantation war bei 58 % der Transplantate die Funktion noch erhalten. Zensiert für die Transplantatverluste durch einen Tod mit funktionierendem Transplantat war fünf Jahre nach der Transplantation bei 79,2 % der Transplantate die Funktion noch erhalten. Das zuletzt gemessene Plasmakreatinin der Patienten lag im Median bei 1.4 [1.2-1.7] mg/dl und die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate lag bei 47 [39-65] ml/min/1.73m2. Im gesamten Nachbeobachtungszeitraum traten insgesamt 118 behandlungsbedürftige Infektionen auf, darunter waren 78 Harnwegsinfektionen. Mit Blick auf die Virusinfektionen zeigte sich eine niedrige Rate an Infektionen. In nur fünf (10,4 %) Fällen konnte eine Virämie mit dem Zytomegalievirus und in einem Fall (2,1 %) eine Virämie mit dem BK-Polyomavirus festgestellt werden. Eine invasive Pilzinfektion trat bei keinem Patienten auf. Ebenso trat keine lymphoproliferative Erkrankung als Komplikation auf. Im Vergleich mit den bisher veröffentlichten Studien zur Induktionstherapie mit Alemtuzumab zeigen sich in der Auswertung der Daten des zentrumseigenen Induktionsschemas bei den Abstoßungsraten und dem Transplantatüberleben teilweise abweichende Ergebnisse, welche darauf zurückzuführen sein könnten, dass sich das immunologische Risiko der Patienten in den einzelnen Studien deutlich voreinander unterscheidet und in einigen Studien auch Patienten mit niedrigerem immunologischen Risiko eingeschlossen wurden. Im Vergleich mit den Studien, in die ausschließlich Patienten mit hohem immunologischen Risiko eingeschlossen wurden, zeigen sich vergleichbare Abstoßungsraten sowie ein vergleichbares Transplantatüberleben. Mit Blick auf die Infektionsrate zeigt sich sowohl im Vergleich mit den Studien, in die ausschließlich Patienten mit hohen immunologischen Risiko eingeschlossen wurden, als auch im Vergleich mit Studien, in die auch Nierentransplantatempfänger mit niedrigeren immunologischen Risiko eingeschlossen wurden, eine niedrigere Infektionsrate. Mit der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass das zentrumseigene Induktionsschema mit einer einmaligen 20 mg Alemtuzumab Gabe und einer darauffolgenden angepassten Erhaltungsimmunsuppression bei immunisierten Nierentransplantatempfängern einen ausreichenden Schutz vor Abstoßungsreaktionen gewährleistet und das Risiko einer Infektionskomplikation reduziert.

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