Transition von Adoleszentinnen und Adoleszenten mit chronischen Endokrinopathien in die Erwachsenenmedizin am Universitätsklinikum Tübingen: Effizienz und Auswirkung auf die Lebensqualität

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/142464
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1424641
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-83811
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2023-06-20
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Binder, Gerhard (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2022-05-11
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Freie Schlagwörter: Transition, Endokrinopathie, Turner Syndrom, Adrenogenitales Syndrom, Übergangssprechstunde, Hypophysenvorderlappeninsuffizienz, Lebensqualität, IGF-1, fT4, 17-Hydroxyprogesteron, Estradiol, Wachstumshormon, Transitionsmodell
Lost to endocrine care, SF-36 health survey
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

In der vorliegenden Dissertation gelang es, 50 ehemalige Patientinnen und Patienten der Kinder- und Jugendendokrinologie des Universitätsklinikums Tübingen (UKT) mit den Diagnosen Adrenogenitales Syndrom (AGS), Hypophyseninsuffizienz (HI) oder Ullrich-Turner-Syndrom (UTS), die in den Jahren 2004-2018 in die spezialisierte Erwachsenenmedizin transitiert worden sind, bezüglich des Erfolgs der Transition, der weiteren medizinischen Behandlungsgeschichte und der Lebensqualität zu befragen. Von besonderem Interesse waren dabei die Auswirkungen einer regelgerechten Weiterbehandlung bzw. eines lost to endocrine care in der Erwachsenenendokrinologie nach der Transition. Da die Studie nicht über eine ausreichende Datenmenge verfügte, konnten keine statistisch gesicherten Auswertungen angestellt werden und die Arbeit musste im Deskriptiven verbleiben. Der Anteil der Lost-to-endocrine-care-Patienten betrug insgesamt 8 % (4/50). Davon hatten alle die Krankheitsdiagnose UTS, was einem Anteil von 28,6 % (4/14) innerhalb der UTS-Patientenkohorte entspricht. Die Transition am UKT scheint bei Patienten mit AGS und HI sehr gut zu funktionieren und nur bei Patientinnen mit UTS problematisch zu sein. Unabhängig von einer fortgeführten oder abgebrochenen Spezialbetreuung zeigte sich insgesamt eine Mehrheit von 58 % (28/48) der Patienten sehr zufrieden mit der Transition am UKT, 23 % (11/48) waren unzufrieden. Ein Behandlungsabbruch war mit Unzufriedenheit mit dem Transitionsprozess assoziiert. Allerdings war dies nicht der Grund für das Verlassen der Spezialsprechstunde, sondern die Unzufriedenheit mit der medizinischen Betreuung in der Erwachsenenendokrinologie und die fehlende Einsicht in die Notwendigkeit einer endokrinologischen Spezialbetreuung im Erwachsenenalter. Die UTS-Patientinnen mit lost to endocrine care hatten alle einen guten Ausbildungsstand mit mittleren bis hohen Ausbildungsabschlüssen und waren berufstätig bzw. in beruflicher Ausbildung. Arbeitslos war keine. Alle Lost-to- endocrine-care-Patientinnen waren unverheiratet, 3 waren partnerlos. Eine gemeinsame Übergangssprechstunde mit Pädiater und Erwachsenenmediziner wurde mehrfach als Verbesserungsvorschlag für die Transition am UKT genannt. Dieses Modell existiert bereits und wurde in der Literatur mehrfach positiv beschrieben. Ob die Einführung einer Übergangssprechstunde am UKT die Transition entscheidend verbessert, bleibt fragwürdig, zumal die Transition bei einem Großteil der Patienten auch ohne sehr gut zu funktionieren scheint und viele Patienten die endokrinologische Betreuung zudem in entfernten Regionen fortsetzen. Eine ausführliche, strukturierte Epikrise ist unseres Erachtens ausreichend und erfüllt den Zweck der Informationsweitergabe an den weiterbehandelnden Spezialisten völlig. Um die Transition für die Patienten angenehmer zu gestalten, könnten vorab mehr Informationen zur medizinischen Betreuung in der Erwachsenenmedizin bereitgestellt und der 1. Sprechstundentermin beim Erwachsenenendokrinologen besser organisiert werden. Die SF-36-Lebensqualität war bei UTS-Patientinnen mit lost to endocrine care nicht geringer als bei UTS-Patientinnen mit endokrinologischer Spezialbetreuung, sondern in den meisten Bereichen sogar besser. Als mögliche Gründe für dieses erstaunliche Ergebnis wurden die Fehleinschätzung des eigenen Gesundheitszustandes mit Unterschätzung der Erkrankung und die subjektiv empfundene Reduktion der Krankheitslast durch wegfallende Arztbesuche, weniger Kontrolluntersuchungen und fehlende Konfrontation mit möglichen UTS-assoziierten Komorbiditäten bei UTS-Patientinnen mit lost to endocrine care diskutiert. Insgesamt zeigte unsere Studie das erfreuliche Ergebnis, dass die Transition am UKT bereits sehr effektiv abläuft und mit einer geringen Lost-to-endocrine-care- Rate sowie einer guten Lebensqualität der Patienten im Erwachsenenalter einhergeht. Die Transition von Patienten mit den Krankheitsentitäten AGS und HI scheint problemlos zu funktionieren. Bei Patientinnen mit UTS ist das Risiko für ein lost to endocrine care vor allem durch fehlende Krankheitseinsicht und das Nichterkennen der Notwendigkeit einer endokrinologischen Spezialbetreuung im Erwachsenenalter erhöht. Eine intensivierte Aufklärung der Patientinnen im Rahmen der Transition könnte dieser Problematik entgegenwirken. Weitere Forschung zur Transition von chronisch-kranken Patienten und eine verbesserte Studienlage mit evidenzbasierten Daten zu diesem Thema sind wichtig, um das Gesundheitssystem auf die notwendige Unterstützung in diesem Bereich aufmerksam zu machen.

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