Untersuchung des Fremdbeeinflussungserlebens bei instruierten Imaginationen - ein Projekt bei Personen mit Autismus-Spektrum-Störung

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/136402
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1364024
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-77753
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2023-02-10
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Wildgruber, Dirk (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2022-10-27
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Psychiatrie , Nervenheilkunde , Autismus , Ich-Störung , Imagination
Freie Schlagwörter: Fremdbeeinflussungserleben
fNIRS
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) sind Einschränkun-gen in verschiedenen Bereichen des Lebens und Erlebens bekannt. In der Literatur beschrieben sind für die ASD eine erhöhte Prävalenz von psychoti-schen Erkrankungen als Komorbidität sowie eine Assoziation zu Positivsymp-tomen psychotischer Erkrankungen. Unter solche Positivsymptome, die bei psychotischen Erkrankungen auftreten, fallen auch Ich-Störungen mit Fremd-beeinflussungserleben. Fremdbeeinflussungserleben beschreibt dabei das Gefühl der Betroffenen, dass die eigenen Gedanken oder Handlungen von außen beeinflusst oder gesteuert sind. Die Ausprägung solcher Erlebniswei-sen ist bei Menschen mit ASD bis jetzt allerdings nicht spezifisch untersucht worden. Das Ziel der vorliegenden Studie war dementsprechend die Untersu-chung des Fremdbeeinflussungserlebens bei Personen mit ASD und Gesun-den. Dazu wurden psychopathologische Erhebungen mit Fragebögen durch-geführt und im Rahmen eines Experiments versucht, durch die Anwendung von Interventionen und entsprechenden Instruktionen eine Einflussnahme auf vorgegebene Imaginationen der Proband*innen hervorzurufen. Bei den Inter-ventionstypen handelte es sich um Handauflegen und um transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS). Außerdem wurden mittels funktioneller Nahinf-rarot-Spektroskopie (fNIRS) mögliche neurobiologische Korrelate eines Fremdbeeinflussungserlebens untersucht und dafür die kortikale Aktivität in den fronto-parietalen und parieto-okzipitalen Hirnarealen analysiert. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass grundsätzlich sowohl bei Gesunden als auch bei Menschen mit ASD ein durch verschiedene Interventionstypen und Interventionsbedingungen modulierbares Fremdbeeinflussungserleben erzeugt werden kann. Dabei wurde durch den Interventionstyp Handauflegen im Vergleich zur tDCS ein stärkeres Fremdbeeinflussungserleben generiert. Während die psychopathologischen Auswertungen der Fragebögen eine er-höhte Überzeugung von Gedankeneingebung als Form eines Fremdbeein-flussungserlebens bei Menschen mit ASD im Vergleich zu Gesunden zeigten, konnten dahingehend in den behavioralen Daten des Experiments keine ent-sprechenden Anhaltspunkte gefunden werden. Die Grundlage der neurobiologischen Auswertungen bildete die Untersu-chung der Gehirnaktivierung bei visuellen Imaginationen mittels fNIRS. Eine signifikante Steigerung der kortikalen Aktivität bei visueller Imagination ergab sich für den rechten Gyrus frontalis medius (MFG), den linken sowie rechten Lobulus parietalis inferior (IPL), den rechten Gyrus angularis (AG) und den Visuellen Cortex (VC). Für den linken Gyrus postcentralis (PoG) zeigte sich dagegen eine signifikante Verringerung der kortikalen Aktivität. Eine höhere autistische Symptomausprägung ging mit einer gesteigerten kortikalen Aktivi-tät im linken PoG bei visuellen Vorstellungen einher. Die Ergebnisse der neurobiologischen Analysen zur kortikalen Aktivität im rechten MFG ergaben keine Hinweise darauf, dass der dieser anatomischen Region zuzuordnende dorso-laterale präfrontale Cortex (DLPFC) an der Wahrnehmung einer Fremdbeeinflussung beteiligt ist. Bei den Personen mit ASD zeigte sich eine signifikant höhere kortikale Aktivierung im rechten DLPFC bei der Information einer versuchten Beeinflussung durch den Inter-ventionstyp Handauflegen. Möglicherweise könnte dieser Befund ein neuro-biologisches Korrelat einer verringerten emotionalen Valenz der Vorstellung bei Menschen mit ASD unter der Information eines Beeinflussungsversuchs darstellen. In den behavioralen Analysen zeigte sich dahingehend nämlich, dass bei den Personen mit ASD insbesondere die Information einer (potenzi-ell) versuchten Beeinflussung von außen zu einer unangenehmeren Bewer-tung der Vorstellung führte. Korrelative Analysen legten weiterhin nahe, dass der rechte IPL und der linke PoG an der Wahrnehmung von Fremdbeeinflus-sung beteiligt sind. Ob Menschen mit ASD im Vergleich zu Gesunden ein erhöhtes Fremdbeein-flussungserleben aufweisen, konnte in unserer Untersuchung nicht eindeutig abgebildet werden. Allerdings weisen insbesondere die psychopathologi-schen Erhebungen darauf hin. Des Weiteren wurde deutlich, dass das Para-digma der vorliegenden Studie geeignet ist, um Fremdbeeinflussungserleben zu untersuchen. Vor diesem Hintergrund scheint es sinnvoll, die Forschung zu diesem Thema auf Grundlage des angewandten Studiendesigns voranzutrei-ben, nicht zuletzt bezüglich möglicher therapeutischer Konsequenzen für die betroffenen Menschen.

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