PD-L1-Expression in speziellen Subtypen von Urothelkarzinomen. Eine vergleichende Studie mit 3 Antikörpern.

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/133029
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1330297
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-74382
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2022-11-15
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Bösmüller, Hans (PD Dr. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2022-06-21
DDC-Klassifikation: 000 - Allgemeines, Wissenschaft
500 - Naturwissenschaften
610 - Medizin, Gesundheit
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Bei PD-L1 handelt es sich um ein Zelloberflächenprotein auf diversen Immunzellen, welches eine relevante Rolle bei der Regulierung von Zelltod und Überleben der Zelle spielt. Auch Tumorzellen können PD-L1 exprimieren und dadurch die Immunantwort des Organismus auf die entarteten Zellen schwächen, man spricht von „immune escape“ der Tumorzellen. Bei den immunonkologischen Medikamenten der Checkpointinhibitoren handelt es sich um Antikörper, die gezielt diese Interaktion und Hemmung der Immunzellen aufheben. Blasenkrebs ist eine häufige Krebserkrankung, welche vorwiegend Männer in fortgeschrittenem Alter betrifft. Hauptrisikofaktor für die Entstehung von Blasenkrebs ist Tabakrauchen. Die Standardtherapie besteht aus der Entfernung des Tumorgewebes und einer Cisplatin-basierten Chemotherapie. In den meisten Fällen gehen die entarteten Zellen vom Oberflächenepithel der Harnblase, dem Urothel, aus, es gibt jedoch eine Reihe histomorphologischer Sonderformen, die in etwa einem Drittel der Blasenkrebsfälle detektiert werden können und mit einer schlechteren Prognose assoziiert sind. Für Patienten, die für eine Cisplatin-basierte Therapie nicht infrage kommen, gibt es zur Erstlinientherapie die beiden Anti-PD-L1-Antikörper Pembrolizumab und Atezolizumab. Voraussetzung für den Einsatz dieser Medikamente ist die Testung des Tumorgewebes auf die Expression von PD-L1, diese erfolgt in der histopathologischen Diagnostik mittels Immunhistochemie. Bei der Zulassung der Checkpointinhibitoren für Blasenkrebs sind die histomorphologischen Sonderformen nicht berücksichtigt worden und die Therapieoption besteht demnach derzeit für diese Patienten nicht. In unserer Studie haben wir mittels dreier verschiedener PD-L1/PD-1-Antikörper ein Kollektiv solcher Blasenkrebs-Sonderformen auf das Vorliegen einer PD-L1-Expression untersucht. Dazu wurden aus der Datenbank des Universitätsklinikums Tübingen ein Sonderformenkollektiv (n=43) sowie ein Vergleichskollektiv mit herkömmlichen Urothelkarzinomen (n=28) erstellt. Anschließend wurde das in Paraffin eingebettete Gewebe immunhistochemisch mit den Antikörpern SP142 (Roche), 28-8 (abcam) und 22C3 (dako) gefärbt. Zur Auswertung der Fälle bediente man sich zweier verschiedener Scores. Beim Combined Positive Score (CPS) werden die angefärbten Tumorzellen sowie die angefärbten Immunzellen auf die Gesamtheit der Tumorzellen bezogen. Der Cut-Off-Wert zur Anwendung des Medikaments Pembrolizumab liegt dabei bei ≥10. Der Immunzell-Score (IC) berücksichtig nur die angefärbten Immunzellen in Relation zur Tumorzellmasse. Hier liegt der Cut-Off für die Verwendung von Atezolizumab bei 5%. Die Auswertung ergab für das Kollektiv der Sonderformen mit 44% positiver Fälle einen höheren Anteil von PD-L1-exprimierenden Tumoren im Vergleich zum Urothelkarzinom-Kollektiv mit 36% positiven Fällen. Der höchste Anteil positiver Fälle wurde in der Untergruppe der plattenepithelial differenzierten Karzinome mit 64% Positivität verzeichnet. Lediglich in drei Fällen ergaben die unterschiedlichen Antikörper diskordante Ergebnisse, diese lagen jedoch in der Nähe des Cut-Off-Wertes. Die Fälle wurden unter Verwendung von Bildern veranschaulicht. Im Kollektiv der Sonderformen war ein Fall enthalten, bei dem synchron ein Urothelkarzinom mit plattenepithelialer Komponente vorlag, wobei nur der squamös differenzierte Anteil ein positives Reaktionsprodukt lieferte. Für diesen Fall wurden Fotos zur Veranschaulichung eingefügt. In einigen wenigen Fällen des Sonderformenkollektivs gab es eine Diskrepanz zwischen HE-morphologisch starker Immunzellinfiltration und negativem PD-L1-Reaktionsprodukt. Auch dieses Phänomen wurde bildhaft dargestellt. Die Performance der drei eingesetzten Antikörper wurde diskutiert und in der Gesamtschau der Ergebnisse als zufriedenstellend bewertet. Im Sonderformenkollektiv ergaben sich in drei Fällen diskordante Ergebnisse zwischen den Antikörpern hinsichtlich der PD-L1-Positivität, es handelte sich jedoch um nur grenzwertig positive/negative Score-Werte im Bereich der Cut-Offs. Bezüglich der Besonderheiten im Färbeverhalten der einzelnen Antikörper deckten sich unsere Beobachtungen mit der dazu verfügbaren Literatur. Bei der Auswahl und Interpretation der Ergebnisse wurde auf die bereits vorbeschriebene Heterogenität der PD-L1-Expression innerhalb einer Tumorgewebsprobe geachtet. In unserer Studie zeigte das Sonderformenkollektiv einen prozentual höheren Anteil PD-L1-positiver Fälle als das Vergleichskollektiv von Urothelkarzinomen (44,2% versus 35,7%). Dabei war vor allem die hohe Reaktivität für PD-L1 bei plattenepithelial differenzierten Karzinomen auffällig. Diese Ergebnisse deckten sich mit einer sehr ähnlich konzipierten Studie von Reis et al aus dem Jahre 2019. Auch die Ergebnisse des Vergleichskollektiv wurden im Hinblick auf die vorbestehende Literatur als erwartungsgemäß bewertet. Außerdem wurde darauf eingegangen, dass Unterschiede zwischen den Kollektiven hinsichtlich Geschlechtsverteilung, Tumorstadium und Probengewinnung bestehen. Die hohe PD-L1-Expression unter den Sonderform-Fällen lässt vermuten, dass diese Patienten möglicherweise ein gutes Therapieansprechen auf Anti-PD-L1-Immuntherapie hätten. In einer klinischen Studie von Necchi et al. aus dem Jahre 2018 wurde bereits Pembrolizumab unter anderem Patienten mit non-urothelialem Blasenkrebs verabreicht, was vor allem bei plattenepithelialen Karzinomen von Erfolg geprägt war. Diese Ergebnisse sind sehr vielversprechend und es wird in der Dissertation auf laufende klinische Studien zu dieser Fragestellung verwiesen. Neben der histomorphologischen Einteilung lassen sich Blasenkarzinomen außerdem auf molekularer Ebene mittels Immunhistochemie einteilen in den basalen (GATA 3 negativ; CK 5/6 oder 5/14 positiv) und den luminalen Typ (CK 20 und GATA 3 positiv), wobei der basale Subtyp mit einer erhöhten PD-L1-Expression assoziiert ist. Unter Tumoren mit basaler Differenzierung konnte in Studien ein Trend zum Auftreten histomorphologischer Sonderformen vom Blasenkrebs festgestellt werden. Inwiefern dies im Hinblick auf das Therapieansprechen mit Anti-PD-L1-Medikamenten klinisch relevant ist, bleibt derzeit offen. Abschließend wird bei der Interpretation unserer Ergebnisse im Hinblick auf den bisherigen Einsatz von Checkpointinhibitoren aufgeführt, dass bei anderen Lokalisationen von Plattenepithelkarzinomen diese Medikamente bereits zur erfolgreichen Anwendung kommen oder deren Einsatz Gegenstand der Forschung ist (im Kopf-Hals-Bereich, der Zervix, der Cutis, dem Ösophagus). Da nur bei 20-25% der Patienten ein Ansprechen auf die Checkpointinhibitortherapie zu erwarten ist, ist es von enormer Relevanz, Biomarker zu etablieren, welche ein Therapieansprechen verlässlich vorhersagen. In unserer Studie entschied man sich für das Durchführen der sehr weit verbreiteten und prognostisch relevanten immunhistochemischen PD-L1-Färbung. Eine Alternative dazu stellt zunehmend die tumorale Mutationslast (tumor mutational burden = TMB) dar, welche mit einer erhöhten Ansprechwahrscheinlichkeit für Checkpointinhibitoren korreliert werden konnte. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass für die TMB in Sonderformkollektiven vergleichbar höhere Werte ermittelt werden konnten. Daraus lässt sich ein möglicherweise erhöhtes Ansprechen auf die Anti-PD-L1-Therapie bei dieser Patientengruppe ableiten. Neben der TMB konnte die PD-L1-Expression der Tumor-infiltrierenden Lymphozyten (TIL) mit der Therapie-Effektivität assoziiert werden. Dies ist für das herkömmliche Urothelkarzinom bisher jedoch weitaus besser erforscht als für die Sonderformen des Blasenkrebs. Vor allem CD103 spielt eine prognostische Rolle hinsichtlich der Prognose beim Urothelkarzinom dar. Die Beobachtung, dass einige Tumoren unserer Kollektive eine HE-morphologisch hohe Lymphozytendichte bei geringer Reagibilität für PD-L1 zeigten wird diskutiert und ein Ausblick auf mögliche erweiternde Untersuchungsmöglichkeiten gegeben. In einem Fallbericht aus dem Jahr 2020 über ein klassisches Urothel-Karzinom mit squamöser (15%) und plasmozytoider (5%) Teil-Differenzierung konnte ein komplettes Ansprechen auf die anti-PD-L1-Therapie mit Atezolizumab erreicht werden. Vor allem die plattenepitheliale Komponente des Tumors zeigte hierbei eine hohe PD-L1-Expression und dieser Fall ähnelt somit unserem Sonderfall von synchroner urothelialer und squamöser Mischdifferenzierung. Es wird die These aufgestellt, dass diese Art von Tumor einen „hot immuno-phenotype“ darstellt und mit einem guten Therapieansprechen verbunden sein könnte. Die Diskussion wird abgeschlossen mit einer kritischen Auseinandersetzung mit den Limitationen der Studie. Zu der begrenzten Fallzahl aufgrund der Seltenheit der Erkrankung, den allgemeinen Fehlerquellen der Immunhistochemie, den spezifischen Charakteristika der Antikörper sowie dem Studiendesign als retrospektive Querschnittstudie wird Stellung genommen. Abschließend wird sich nach einer Zusammenfassung der Dissertation als Konsequenz der Ausführungen dafür ausgesprochen, die Inklusionskriterien zu klinischen Studien zu Anti-PD-L1-Therapie um die Sonderformen des Blasenkarzinoms (vor allem des plattenepithelial differenzierten Karzinoms) auszuweiten. Zudem wird ein Ausblick auf die möglichen zukünftigen Biomarker für das Therapieansprechen auf Immuncheckpointinhibitoren gegeben und die Dynamik des Forschungsgebiets betont.

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