Inhaltszusammenfassung:
Die Spinozerebelläre Ataxie Typ 3 ist eine autosomal dominant vererbte, neurodege-nerative Erkrankung, deren Ursache eine verlängerte CAG-Wiederholungssequenz im ATXN3-Gen ist. Das Erkrankungsalter variiert sehr stark und korreliert linear negativ mit der Anzahl der CAG-Wiederholungen im langen ATXN3-Allel. Die CAG-Anzahl verursacht 50-80 % der Variabilität des Erkrankungsalters, für den übrigen Anteil sind demnach unbekannte genetische- oder Umweltfaktoren verantwortlich. Ataxin-3 wird in Neuronen exprimiert, es ist hauptsächlich zytoplasmatisch lokalisiert. Wie bei anderen Polyglutaminerkrankungen, zu denen die SCA3 gehört, finden sich in manchen Hirnregionen von Patienten unlösliche nukleäre Inklusionen, welche u.a. aus fehlgefaltetem, verlängertem Ataxin-3 bestehen und am Untergang der Nerven-zellen beteiligt zu sein scheinen. Der nukleozytoplasmatische Transport großer Proteine erfolgt über Karyopherine. Im SCA3-Mausmodell zeigte sich bei einem Knockout des Karyopherins alpha 3 (KPNA3) eine mildere Symptomatik und weniger Inklusionen. Die Expression von Genen kann durch Polymorphismen in Promotorregionen moduliert werden, etwa durch Sequenzunterschiede innerhalb von Bindestellen für Transkriptionsfaktoren. Zur Identifikation genetischer Einflussfaktoren für das Erkrankungsalter wurden daher Promotor-SNPs verschiedener Transportproteine hinsichtlich Ihres Einflusses auf das Erkrankungsalter von SCA3-Patienten unter-sucht. Es wurden 434 DNA-Proben von SCA3-Patienten mittels High Resolution Melting für fünf SNPs genotypisiert und deren Einfluss auf das Erkrankungsalter mittels Kovarianzanalyse ermittelt. Der KPNA3-SNP rs9535343 zeigte einen signifikanten Einfluss auf das Erkrankungsalter der SCA3-Patienten, 1 % der Variabilität des Erkrankungsalters konnte auf diesen zurückgeführt werden. Der KPNA3-SNP rs12868235 liegt nur 254 bp von letzterem entfernt, die beiden SNPs werden somit wahrscheinlich gekoppelt vererbt. rs12868235 zeigte zwar keinen signifikanten Einfluss auf das Erkrankungsalter, jedoch die Haplotypen der beiden SNPs. Der nächste Schritt wäre eine funktionelle Analyse zur Bestätigung der veränderten Expression durch die Polymorphismen. Zudem könnte der Einfluss von rs9535343 zusammen mit anderen identifizierten SNPs genutzt werden, um das voraussichtliche Erkrankungsalter präsymptomatischer Mutationsträger zu berechnen.